Polizei drangsaliert Schwangere

Beim nächtlichen Einsatz am Ziegenmarkt schleudern Bremer Ordnungshüter eine werdende Mutter auf den Boden – ohne irgendeine erkennbare Vorwarnung. Und ohne Rücksicht auf Verluste

von Marco Carini
und Benno Schirrmeister

Nein, es wird keine Mitteilung über die Vorgänge in der Nacht zu Mittwoch verschickt. „Hier liegt auch nur eine Kurzbericht vor“, so die Polizeipressestelle. Aus dem geht hervor, dass beim Einsatz am Ziegenmarkt zwei Polizisten verletzt wurden – einer am Kopf, ein anderer am Fuß. Und, dass es zu „zwei Kurz-Ingewahrsamnahmen“ kam: Das steht im Behördenjargon dafür, wenn eine Person zur Feststellung der Identität auf die Wache gebracht, dann aber nicht festgehalten wird. Eine der beiden „war eine Frau“, bestätigt die Polizei auf Nachfrage.

Einzelheiten über den Hergang sind nicht vermerkt. Der spärliche Bericht ist jedoch anschlussfähig an das, was der taz-Reporter, zufälliger Zeuge, in einem Gedächtnisprotokoll notiert. Nach der ersten, bereits rüden Festnahme eines angetrunkenen Jugendlichen gegen Mitternacht versucht eine „junge Frau, etwa 18 Jahre, erkennbar schwanger“ einzugreifen: „Sie geht schimpfend, aber ohne bedrohlichen Gestus auf die Beamten zu und beklagt den Einsatz. Später erfahre ich, dass sie im sechsten oder siebten Monat ist. Ohne für mich erkennbare Vorwarnung wird sie von mehreren Beamten zu Boden gebracht, auf ihren Bauch geschleudert und mit Polizeigriff fixiert. Später wird sie von den Beamten auf die Beine geholt – und gewaltsam mit dem Bauch gegen einen Mannschaftswagen geschleudert.

Mir sind diese Beobachtungen möglich, weil ich mit Hilfe des Presseausweises in die Nähe der Szene gelange. Ein Gespräch mit dem Einsatzleiter wird verwehrt. Die Frau, überraschend ruhig, weist die Beamten auf ihre Schwangerschaft hin. Obwohl unaggressiv wird ihre schmerzhafte Behandlung fortgeführt, die Frau nicht gefragt, ob sie bereit ist, freiwillig zur Personalienfeststellung mitzukommen. Im Polizeigriff wird sie schließlich zu einem Mannschaftswagen gezerrt.“

Dem Einsatz vorausgegangen war, gegen 22.30 Uhr, eine Attacke von mit Baseballschlägern Bewaffneten auf ein Konzert im Freizeitheim Friesenstraße. „Sieg Heil“ rufend hätten diese, vermutlich angelockt durch die Regionalliga-Partie Bremen gegen St. Pauli, versucht, das Haus zu stürmen – so das Friese-Team.

Die von Anwohnern alarmierte Polizei traf gegen 23 Uhr am Ziegenmarkt ein – zunächst mit durchaus beruhigendem Gebahren: „Etwa 30 Beamte sperren den Durchgang zur Friese ab“, hält der Reporter fest, „ohne Kampfmontur. Das hat deeskalierende Wirkung. Außerhalb des Sperrgürtels sammeln sich Passanten. Die Situation wirkt bis gegen Mitternacht entspannt.“