Vorspiel für die Fans

Die Polizei befürchtet Ausschreitungen beim Revierderby Bochum gegen Schalke. Fans beider Vereine dürfen sich daher auf etliche Schikanen einstellen. Kritik an Auflagen wächst

VON HOLGER PAULER

Fahrbare Garderoben, zahlreiche Abfallbehälter und vorgegebene Marschrouten – wer heute Abend das Revierderby VfL Bochum gegen Schalke 04 besuchen möchte, muss mit erheblichen Behinderungen rechnen. „Aufgrund der momentanen Tabellensituation – Schalke spielt um die Meisterschaft, Bochum kämpft gegen den Abstieg – könnte das Ergebnis des diesjährigen Revierderbies bei den Fans, deren Verhältnis man ohnehin bereits als rivalisierend bezeichnen muss, besonders starke Emotionen auslösen“, heißt es in einer Erklärung der Bochumer Polizei. Der Verein rechnet mit etwa 10.000 Gästefans, die den Weg zum Straßenbahnderby in die Nachbarstadt antreten werden.

„Bereits in der Vergangenheit kam es bei dem Spiel zu kleineren Ausschreitungen“, sagte ein Sprecher der Polizei zur taz. Das Problem in diesem Jahr: Etliche Schalker Fans haben sich entgegen üblicher Gepflogenheiten mit Karten für die Fankurve des VfL eingedeckt. „Die Blocktrennung ist dadurch quasi aufgehoben“, sagt Ulrich Grzella, Einsatzleiter der Bochumer Polizei und passenderweise Schalke-Fan.

Als Reaktion darauf wurde die Zahl der Ordner und Polizisten in den Blöcken erhöht. Schalker dürfen nicht in Fanmontur in die „Heimkurve“ der Bochum. Ihre Schals und Trikots müssen sie vor dem Stadion in mobilen Garderoben deponieren. „Wer sich weigert, wird nicht ins Stadion gelassen“, so Grzella. Schalker Fans, die den 20-minütigen Fußweg vom Hauptbahnhof zum Ruhrstadion antreten wollen, werden mit Auflagen konfrontiert: „Flaschen und Dosen sind vorher in eigens bereitgestellte Behälter zu entsorgen, es darf nur der Gehweg und gegebenenfalls der rechte Teil der Straßen benutzt werden“.

Matthias Bettag vom Bündnis Aktiver Fußball-Fans (BAFF), in dem unter anderem Faninitiativen und -projekte zusammengeschlossen sind, spricht von „schikanösen Zuständen“. In den Spielen der ersten Liga sei das Gefahrenpotenzial sehr niedrig. „Schmähgesänge gehören zum Spiel dazu“, so Bettag, aber ganze Fangruppierungen in die Ecke des Hooliganismus zu stellen, sei kontraproduktiv. „Durch das strikte Trennen der Fans, wird erst das Bewusstsein geschaffen, dass es verfeindete Lager gibt.“

Der VfL Bochum will trotzdem darauf achten, dass sich die Gästefans in der Heimkurve neutral verhalten. „Sollten sie sich in Gruppen zusammenfinden und provozierend auftreten, werden sie aus dem Stadion verwiesen“, sagt VfL-Sprecher Christian Gruber. Dies sei keine Besonderheit. „Auf den Eintrittskarten aller Bundesligisten ist seit Jahren aufgedruckt, dass der Einlass nur in der den Blöcken zugeordneten Fankleidung zulässig ist“, so Gruber. Auch die Gastronomie muss sich umstellen. So gibt es am Freitag in Nähe des Stadions und im Bochumer Kneipenviertel „Bermudadreieck“ Getränke nur in Pappbechern.

Die Bochumer Polizei bezieht sich auf Vorkommnisse beim Derby VfL Bochum gegen Borussia Dortmund vor knapp zwei Monaten. Damals war es in der Nähe des Bochumer Hauptbahnhofs zu Auseinandersetzungen zwischen den rivalisierenden Fangruppen gekommen (taz berichtete). Etwa 1.000 Dortmunder trafen vor einer Kneipe auf mehrere hundert Bochumer. Es flogen Flaschen und Steine. 85 Bochumer wurden in der Kneipe eingesperrt, wo sie sich das Spiel ansehen mussten. Nach Videoauswertungen wurden gegen neun „Rädelsführer“ so genannte Bereichsbetretungsverbote ausgesprochen. Sie dürfen sich am Spieltag nicht in der Innenstadt oder in Stadionnähe aufhalten. Zudem werde 25 VfL-Fans mit bundesweiten Stadionverboten der Zutritt verwehrt.

Die Fans kritisieren die „willkürliche Vorgehensweise“ der Ordnungshüter. Hausbesuche vor den Spielen und weitere Ermittlungen seien angekündigt worden, heißt es aus Bochumer Fankreisen. Die Folge sind nicht selten bundesweite Stadionverbote. Oft genügt die polizeiliche Registrierung persönlicher Daten bei einem Fußballspiel für eine jahrelange Speicherung. Auf der Grundlage können neben den Stadionverboten auch Meldeauflagen und „Bereichsbetretungsverbote“ angeordnet werden. Die Zahl der registrierten Personen liegt mittlerweile bei mehr als 8.000. Allein in den vergangenen drei Jahren hat sich die Zahl verdoppelt. Das, obwohl in letzter Zeit die Ausschreitungen, vor allem in den oberen beiden Ligen zurückgegangen sind. „In NRW haben wir kaum Probleme an den Spieltagen“, bestätigt Wolfgang Beus vom NRW-Innenministerium.