ex-terroristin unterrichtet schulkinder
: Lemke in der Resozialisierungsfalle

Was ist schlimmer: einen Menschen zu ermorden oder, ohne negative Folge, Ordnungswidrigkeiten zu verhandeln, die nach Ansicht der Staatsanwaltschaft bereits verjährt sind?

KOMMENTAR VON ARMIN SIMON

Bildungssenator Willi Lemke (SPD) hat sich klar entschieden: Der Ex-Richter Hans-Christoph Jahr, 1994 wegen Rechtsbeugung und Verfolgung Unschuldiger zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, von Beginn an Freigänger und 1998 auf Bewährung entlassen, darf nicht Rektor der Bremer Hochschule werden. Dies sei „unvorstellbar“. Die Ex-RAF-Terroristin Susanne Albrecht dagegen, 1990 zu 12 Jahren Haft verurteilt, seit 1993 Freigängerin und 1996 auf Bewährung entlassen, darf seit 14 Jahren an einer Bremer Schule Kinder unterrichten. Dies sei ein „Beispiel für gelungene Resozialisierung“.

Auf eine solche haben beide Ex-Straffälligen einen Anspruch – und die Justiz hat den in beiden Fällen unterstrichen. So untersagte das Oberlandesgericht Hamburg unlängst den Abdruck alter Fotos Albrechts. Und die Staatsanwaltschaft Frankfurt verweigert die Einsicht in das alte Urteil gegen Jahr: verjährt. Auch die Gesellschaft kann kein Interesse daran haben, einmal Verurteilte für ewig zu stigmatisieren.

Anfeindungen wegen der Resozialisierungshilfe für Albrecht müsste Lemke also nicht fürchten. Nur hat er die guten Argumente, die ihn stützen könnten, erst selbst, bei Jahr, verspielt.