Ruf nach mehr Geld

Verwahrloste Kinder: Verbände warnen vor Kürzung der Erziehungshilfen. Senat: Mittel sind ausreichend

Die Wohlfahrtsverbände haben vor einer weiteren Kürzung der Erziehungshilfe gewarnt. Die aktuellen dramatischen Fälle von Kindesvernachlässigung und -misshandlung sollten Grund genug sein, die Mittel aufzustocken, statt sie immer weiter zu reduzieren, betonte gestern die Liga der Wohlfahrtsverbände. Nach ihren Angaben will Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) die Zuwendungen für diesen Bereich mit dem Haushalt 2008/2009 um bis zu 20 Prozent senken. Die Finanzverwaltung wies die Vorwürfe als „falsch“ zurück.

Die Pläne des Finanzsenators seien dessen jüngstem Haushaltsrundschreiben zu entnehmen, sagte ein Liga-Sprecher. Danach soll künftig für regelmäßige Familienbesuche und -hilfen 10 Prozent weniger Geld bereitgestellt werden. Für Tagesgruppen, die den Kindern soziales Lernen ermöglichen, die Elternarbeit begleiten und den Verbleib der Kinder in der Familie ermöglichen sollen, sei eine Kürzung um 20 Prozent geplant. In keiner anderen Stadt müssten Familien, Kinder und Jugendliche „mit so hohen Belastungen fertigwerden wie in Berlin“, betonten die Verbände. Sie begründeten dies unter anderem mit der hohen Zahl von Alleinerziehenden, Geringverdienenden, jugendlichen Langzeitarbeitslosen und psychisch kranken Kindern. Erst in der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass eine Mutter in Prenzlauer Berg ihre vier Kinder mehrere Monate weitgehend sich selbst überlassen hatte, weil sie zu ihrem Freund gezogen war.

Wie ein Sprecher der Finanzverwaltung sagte, sollen sich die Zuschüsse nach bisherigen Plänen 2008 im Vergleich zum Vorjahr um 7 Millionen auf 297 Millionen Euro erhöhen. Für 2009 sei ein Anstieg auf 303 Millionen Euro vorgesehen. Die Liga verwies darauf, dass die Hilfen zwischen 2002 und 2005 bereits um rund 125 auf 326 Millionen Euro gesenkt worden seien. DDP