Hausbesetzer auf dem Ku’damm

Bis zu 2.000 Menschen demonstrieren für den Erhalt der Köpi. Das linke Wohn- und Kulturzentrum in Mitte soll morgen früh versteigert werden. Die Polizei sorgt sich um die Sicherheit möglicher Käufer

VON JOHANNES RADKE

So wirkt der Kurfürstendamm sympathisch: Auf einem Lautsprecherwagen spielt eine Punkband, drum herum ein Meer aus roten Haaren, Nieten, Dreadlocks und Irokesenfrisuren. „Köpi bleibt Risikokapital“, steht auf einem der Transparente, die die laut Polizei rund 1.200 Unterstützer des „Autonomen Wohn- und Kulturzentrums“ mit sich tragen. Eine Gruppe Touristen zückt die Kameras, um schnell noch ein Foto von der Demo zu schießen. Aus ganz Deutschland sind am Samstagnachmittag Menschen angereist, um gegen den Verkauf der Köpi an der Grenze zwischen Mitte und Kreuzberg zu protestieren. Die Veranstalter sprechen von sogar von rund 2.000 Teilnehmern.

Sie zogen zur Zentrale der Commerzbank in der Bülowstraße. Die Demoveranstalter machen die Bank, einen der Gläubiger des bankrotten Hausbesitzers, verantwortlich für die für morgen angesetzte Zwangsversteigerung des bekanntesten einst besetzten Hauses der Stadt mitsamt dem dazugehörigen Wagenplatz. Die 60 Bewohner befürchten, dass ein neuer Besitzer sie auf die Straße setzen will. Unter dem Motto „Ihr habt die ganze Stadt verkauft – Köpi bleibt unser“ wollen sie mit einer Kundgebung, die heute vor dem Amtsgericht Mitte beginnt, mögliche Käufer abschrecken.

Diese Taktik ist in der Vergangenheit mehrmals aufgegangen. Bereits dreimal sollte die Köpi in den vergangenen acht Jahren versteigert werden. Doch nie hat sich ein Käufer gefunden. „Damals war die Polizei mit einem riesigen Aufgebot vor Ort und hat die Interessenten heimlich über einen Hintereingang ins Gericht geschleust, das schreckt natürlich ab“, erzählt Frank, der schon vor 17 Jahren dabei war, als die Köpi besetzt wurde.

Seit 1990 wird das Gebäude als Wohn- und Kulturprojekt genutzt. Es gibt regelmäßig Konzerte und Filmvorstellungen, zwei Kneipen und mehrere Proberäume. Sportinitiativen treffen sich hier ebenso wie Politgruppen, die Proteste gegen den G-8-Gipfel in Heiligendamm vorbereiten.

Doch seit dem letzten Versteigerungsversuch im Jahr 2000 ist viel passiert. Die Attraktivität der Grundstücke an der Spree hat sich in den letzten Jahren, unter anderem durch das geplante Media-Spree-Projekt mit modernen Büros und Veranstaltungshallen, enorm gesteigert. Damals lag das Startgebot für das Haus noch bei 2,3 Millionen Mark. Inzwischen will die Commerzbank mindestens 1,6 Millionen Euro.

„Wir denken, dass es ein echten Interessenten geben muss“, sagt Frank. Die Bewohner gehen davon aus, dass die Auktion extra für einen potenziellen Käufer arrangiert wurde. Es könne kein Zufall sein, dass neben der Köpi gleich noch drei weitere angrenzende Grundstücke am selben Tag und zeitlich direkt hintereinander versteigert werden.

Die Polizei sorgt sich um die Sicherheit der Auktionsteilnehmer. „Aufgrund des starken Interesses an der Auktion werden wir mit entsprechend vielen Kräften vor Ort sein“, sagt Polizeisprecher Michael Gassen.

Vor allem in der Wagenplatz- und Hausbesetzerszene kann die Köpi mit tatkräftiger Unterstützung rechnen. „Selbstverständlich werden wir da sein, um mit den Köpi-Bewohnern die Versteigerung zu verhindern“, sagt Tobias von der Kampagne „Rigaer Straße Fights Back“, einer Initiative verschiedener Hausprojekte aus Friedrichshain. Schließlich hätten viele Wohnprojekte ähnliche Probleme. „Es wird versucht, alternative Lebensformen aus dem inneren Stadtkern zu verdrängen“, ergänzt Tobias.

Falls das Haus in der Köpenicker Straße tatsächlich einen Käufer findet, wird es für die Bewohner ernst. „Wir werden definitiv nicht freiwillig gehen“, sagt Frank. Vorher wolle man alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel nutzen, um eine Räumung zu verhindern. Ein Rechtsstreit könnte sich über Monate hinziehen, denn die Bewohner haben 1993 offizielle Mietverträge mit der Kommunalen Wohnungsverwaltung abgeschlossen.

Frank ist entsprechend gelassen: „Wir sind guter Dinge, weil wir genau wissen, dass auch international viele Leute hinter uns stehen.“ Für den Fall einer Räumung haben bereits Hausbesetzer aus Spanien, Dänemark, Italien und Osteuropa ihre Unterstützung angekündigt.

Heute, 18 Uhr, Kundgebung vor dem Amtsgericht Mitte, Littenstr. 12–17. Morgen 7 Uhr Frühstück und Bühnenprogramm vor dem Amtsgericht. Die Versteigerung beginnt um 8 Uhr