Fataler Absturz eines Hoffnungsträgers

Das Flugzeugunglück von „Kenya Airways“ in Kamerun mit 114 Toten ist ein Desaster für eine Fluglinie, die die sonst wenig bedienten Verbindungen zwischen West- und Ostafrika pflegt. Diese Routen öffnen Westafrika den direkten Weg nach Asien

Fünfmal in Folge wurde Kenya Airways zur „besten Fluglinie Afrikas“ gekürt

AUS NAIROBI MARC ENGELHARDT

Es war kurz nach Mitternacht am Samstag, als Flug KQ 507 Kameruns Wirtschaftshauptstadt Douala in Richtung Kenia verließ. Nur knapp 20 Kilometer nach dieser Zwischenlandung stürzte die in Abidjan in der Elfenbeinküste gestartete Maschine in ein dicht bewaldetes Sumpfgebiet, wo Suchtrupps sie erst am späten Sonntagabend fanden. Die Maschine explodierte, 114 Menschen starben an Bord der Boeing 767-800, die Kenya Airways erst vor einem halben Jahr aus Singapur geleast hatte.

Unter den Toten sind 35 Kameruner und 15 Inder, dazu weitere Passagiere und Besatzungsmitglieder aus 23 Ländern, unter ihnen der britische Afrikakorrespondent der Nachrichtenagentur AP. Die Ursache für den Absturz ist unklar. Zwar herrschte in Douala schlechtes Wetter, doch das ist in der zentralafrikanischen Millionenstadt zwischen Regenwald und Atlantikküste nichts Ungewöhnliches.

Für Titus Naikuni, den Vorstandschef von Kenya Airways, ist der Absturz der Tiefpunkt seiner Karriere. Kenya Airways hatte auf der gleichen Route schon einmal eine Maschine verloren, direkt nach dem Start in Abidjan im Jahr 2000. Doch das war drei Jahre bevor Naikuni Chef von Kenya Airways wurde und die heruntergewirtschaftete Airline systematisch zum „Stolz Afrikas“ umbaute – so der Werbespruch.

„Unser Ziel ist es, in den kommenden Jahren alle afrikanischen Städte miteinander zu vernetzen“, hatte Naikuni vor wenigen Wochen in einem Interview angekündigt. Unter seiner Führung wurde Kenya Airways fünfmal in Folge als „beste Fluggesellschaft Afrikas“ ausgezeichnet. Die kenianische Fluglinie setzt vor allem auf die lange vernachlässigten Verbindungen zwischen West- und Ostafrika. Wer vor zwei Jahren von Malis Hauptstadt Bamako nach Nairobi reisen wollte, flog im Regelfall über Paris – für gesalzene Preise. Inzwischen fliegt Kenya Airways nicht nur Bamako, sondern auch andere westafrikanische Städte direkt an. Neueste Ziele sind Liberias Hauptstadt Monrovia und Cotonou in Benin.

Naikuni hat Erfolg: Von den fast 660.000 Passagieren, die im letzten Quartal 2006 Kenya Airways flogen, war nahezu die Hälfte zwischen den 33 Zielen in Afrika unterwegs. Von den Verbindungen profitieren ganze Volkswirtschaften, vor allem durch den Handel innerhalb Afrikas und mit Asien. Westafrikanische Händler fliegen jetzt über Nairobi nach China, Dubai, Bangkok oder Istanbul. Sie müssen nicht mehr über Europa reisen und umständliche Visaprozeduren über sich ergehen lassen. Dabei profitiert Kenya Airways in manchen Ländern auch davon, als einzige internationale Airline von Bürgerkrieg und Chaos gezeichnete Regionen anzufliegen.

Kenya Airways gilt, auch wegen der engen Bindung zum Großaktionär KLM, als eine der sichersten Airlines Afrikas. Anders als der panafrikanische Hauptkonkurrent Ethiopian Airlines ist Kenya Airways keine Staatslinie, muss also Profit machen. Der Umsatz stieg allein im vergangenen Jahr um ein Drittel, das Unternehmen machte fast 50 Millionen Euro Profit.

Doch der Aktienkurs, der seit Naikunis Amtsantritt steil nach oben ging, verlor – die neuen Routen galten vielen als zu risikoreich. Südlich der Sahara gibt es in Afrika praktisch nirgendwo eine funktionierende Flugsicherheit oder auch nur Radar. Es fehlt an neuen Maschinen, vor allem aber an qualifizierten Piloten. Kenias Parlament musste erst kürzlich ein Gesetz ändern, das Kenya Airways die Einstellung kenianischer Piloten vorgeschrieben hatte. In Kenia, das wie viele andere afrikanische Staaten kaum in berufliche Ausbildung investiert, waren schlicht keine Piloten mehr zu haben.