Streik für die Rechte ausländischer Kollegen

Anwalt: Mindestlöhne sollten auf nationaler Ebene und nicht in der Gemeinschaft ausgehandelt werden

„Grenzüberschreitende Dienstleistung dürfen nicht zu Lohndumping führen“

BRÜSSEL taz ■ Die schwedische Baugewerkschaft Byggnads wertet das Gutachten des Generalanwalts als Bestätigung, dass das nordische Sozialmodell mit den Regeln des Binnenmarkts vereinbar ist. Ulf Öberg, Anwalt von Byggnads, erinnerte gestern in Brüssel daran, dass sich Schweden bei seinem EU-Beitritt 1995 zusichern ließ, dass schwedische Gewerkschaften auch weiterhin die zwischen den Tarifpartnern ausgehandelten Vereinbarungen von ausländischen Anbietern verlangen dürfen – auch mit den Mitteln eines Arbeitskampfs.

Öberg hob drei Argumente aus dem Gutachten des Luxemburger Generalanwalts besonders hervor: Er vertrete die Ansicht, Mindestlöhne sollten auf nationaler Ebene verhandelt werden, nicht auf Gemeinschaftsebene. Ferner habe Schweden auch künftig das Recht, die Verhandlungen darüber den Tarifpartnern zu überlassen und Mindestlöhne nicht staatlich festzulegen. Schließlich unterstreiche das Gutachten das Recht, auch für die Rechte entsandter Arbeitnehmer aus anderen Ländern zu streiken und gewerkschaftlich gegen Lohndumping vorzugehen. Mit einem Urteil rechnet Öberg nicht vor Ende des Jahres. Dann erst kann das zuständige schwedische Gericht den Fall abschließen.

Die grüne Europaabgeordnete Elisabeth Schrödter begrüßte das Gutachten ebenfalls. „Der Generalanwalt hat deutlich gemacht, dass grenzüberschreitende Dienstleistungen nicht zu Lohndumping führen dürfen.“ Ein Sprecher von Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy hingegen versuchte die Bedeutung der Stellungnahme herunterzuspielen: „Ein Urteil in dieser Sache werden wir natürlich respektieren. Aber man sollte darauf hinweisen, dass es sich nur an das vorlegende schwedische Gericht wendet. Konkrete Schlussfolgerungen muss nur das schwedische Arbeitsgericht ziehen.“ Von dem Urteil erwarte sich die Kommission mehr Klarheit darüber, ob das schwedische Modell der Vereinbarung von Mindestlöhnen zwischen Tarifpartnern mit den Regelungen des Binnenmarkts in Einklang stehe.

Am 6. Juni will die Kommission eine Stellungnahme zur Entsenderichtlinie vorlegen. Es wird erwartet, dass sie dabei erneut versuchen wird, die tariflichen und arbeitsrechtlichen Bindungen für entsandte Arbeitnehmer zu lockern. Damit geht der Streit darüber, ob die Arbeitnehmerfreizügigkeit neue Jobs schafft oder die Löhne ruiniert, in die nächste Runde. DANIELA WEINGÄRTNER