bürgerhaushalte
: Mitbestimmung über den Mangel

Ab 2010 soll endlich auch Friedrichshain-Kreuzberg einen Bürgerhaushalt bekommen. Eigentlich ist es sowieso verwunderlich, dass der politischste Bezirk in Berlin andere Bezirke die Vorreiter sein ließ. In Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf bestimmen die BewohnerInnen schon seit diesem Jahr mit, ob das zu knappe Geld etwa für die Sanierung einer Grünfläche oder für den Austausch des Sands auf Spielplätzen ausgegeben wird. Denn eines ist klar: Mitbestimmt wird über eine Umverteilung des Mangels. Beides wäre wichtig, sonst stünde es nicht auf der Liste, was finanziert werden muss. Geld für beides aber ist nicht da.

KOMMENTAR VON WALTRAUD SCHWAB

In Friedrichshain-Kreuzberg kennt man das Problem auch. Nun aber klingt es ein wenig so, als wollten die dortigen BezirksparlamentarierInnen alles besser machen. Sie wollen als Erstes einen für alle verständlichen Haushaltsplan aufstellen.

Einen für alle verständlichen Haushaltsplan – nur Insider wissen, was das für eine bahnbrechende Idee ist. Da hätte schon früher jemand drauf kommen können. Denn bisher sind selbst Bezirksverordnete mitunter nicht in der Lage, vernünftig über das wenige Geld zu entscheiden. Alles, wofür es ausgegeben wird, ist mit Nummern verschlüsselt. Spielplätze etwa sind im Bezirkshaushalt unter Grünpflegemittel zu finden. Grünpflegemittel aber tauchen nicht unter „Grünpflegemittel“, sondern unter einer Nummer auf, die gerade niemand im Bezirksamt hersagen kann.

Ein transparenter Haushaltsplan nennt die Aufgaben und Leistungen endlich beim Namen. Dies wird im günstigsten Falle jedem, der sich dafür interessiert, klarmachen, wie viel der Senat bereit ist, für die jeweiligen Aufgaben zu bewilligen. Nämlich zu wenig! Gut ist, wenn viel mehr Menschen diesen Missstand durch transparente Haushalte kapieren. Schlecht, wenn sie daraus keine Konsequenzen ziehen und dem Senat nicht auf die Pelle rücken. Dieser muss endlich aufhören, die Bezirke zu gängeln.