Viel Wind um Müller

Altonas Grüne debattieren heute Abend auf einer Mitgliederversammlung über die umstrittene Wahl von Jo Müller zum Bezirksamtsleiter. Ein Ausweg könnte Vertagung bis nach der Sommerpause sein

Von Sven-Michael Veit

Es werde „lebhaft“ zugehen heute, da sind sich alle Seiten sicher. Bei der Debatte über den GALier Jo Müller, den CDU und Grüne auf einer Sondersitzung der Bezirksversammlung Altona übermorgen zum neuen Bezirksamtsleiter wählen wollen. Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung der Altonaer GAL am Abend geht es einzig um diese umstrittene Personalie. Das Ergebnis dürfte, glaubt Fraktionsvize Winfried Sdun, „ein Remis“ sein.

Die schwarz-grüne Koalition im Hamburger Westen will den 60-jährigen grünen Realo Müller zum Nachfolger von Amtsleiter Hinnerk Fock (FDP) küren, den sie für diverse Affären und Skandälchen im Bezirksamt politisch verantwortlich macht. Der Kreisvorstand Altona und die Hamburger Parteiführung der GAL haben sich jedoch gegen Müller ausgesprochen (taz berichtete). Parteichefin Anja Hajduk hat die zehnköpfige Altonaer Fraktion deshalb aufgefordert, ihr Votum für Müller „zu überdenken“.

Die aber pocht auf ihre Autonomie: „Wir halten an Jo Müller fest“, bekräftigten Sdun und seine Fraktionschefin Gesche Boehlich gestern auf Anfrage. Wenn Müller erst mal im Amt sei, werde sich „die Lage schnell beruhigen“. Darauf hofft auch CDU-Fraktionschef Uwe Szczesny. Er erwarte vom kleineren Partner, „Herrn Müller die Chance zu geben, sich zu profilieren“. Seine christdemokratischen Abgeordneten würden geschlossen Müller wählen, versichert Szczesny.

Zuvor hat sich gestern Abend erneut die Parteiführung der Hamburger Grünen mit diesem Thema beschäftigt. Auf einer Sitzung des 28-köpfigen Landesausschusses, höchstes Gremium der GAL zwischen den Parteitagen, mussten sich die drei Altonaer Mitglieder manches harsche Wort gefallen lassen. In anderen Bezirken und Gliederungen der Grünen mehren sich die Stimmen, die den Altonaern „Autismus“ oder „Bunkermentalität“ attestieren.

Als Ausweg wird eine „politische Sommerpause“ erwogen. Wenn die Stimmung an der Altonaer Basis heute Abend gegen Müller ausfalle, sei dieser nicht mehr zu halten. Dann könnten die Grünen im Bezirk „ohne Gesichtsverlust“ bis zum Herbst einen neuen Kandidaten suchen.

Glaubhaft dementiert wurde gestern allerseits ein Bericht der Welt über angebliche Geheimabsprachen zwischen CDU und GAL in Altona. „Da ist nichts dran“, versichert Szczesny, das sei „eine Ente“, sagt Boehlich. Das Springer-Blatt hatte behauptet, die CDU dürfe zwei Dezernentenposten im Bezirksamt für sich beanspruchen, wenn sie Müller mittrage. Zudem hätte die GAL zugesichert, nach der Wahl am 24. Februar 2008 nicht mit der SPD zu koalieren, falls keine Mehrheit für eine Fortsetzung des schwarz-grünen Bündnisses geben sollte.

Szczesny wie Sdun verweisen darauf, dass Dezernenten nicht politisch gewählt werden, sondern diese Positionen ausgeschrieben werden müssen. Zudem seien „gar keine Posten frei“. In der Bündnisfrage gebe es zwar beiderseits die Option auf Fortsetzung. Beide Parteien aber, versichern sie, „gehen getrennt und eigenständig“ in die Wahl. Danach müsse man sehen, was rechnerisch möglich sei.

Geplänkel gibt es auch um den Ablauf der Sondersitzung der Bezirksversammlung. „Schwarz-Grün will keine Debatte zulassen“, mokierte sich gestern Thomas Adrian, Fraktionschef der oppositionellen SPD. Auch Fock wolle „eine Stellungnahme“ abgeben. Nach dem Willen der Mehrheit solle jedoch das Misstrauensvotum gegen Fock und die Wahl von Müller „ohne Aussprache“ erfolgen, berichtet Adrian. Schwarz-Grün versicherte gestern, die Frage „rechtlich prüfen“ zu lassen. Irgendwie werde die Opposition schon „Raum bekommen, sich zu äußern“, beruhigen sie, „wenn sie denn was zu sagen hat.“