Inszenierung der Macht
: Kommentar von Christian Semler

Ach, waren das noch Zeiten, als sich die Regierungschefs der führenden sechs, dann sieben westlichen Industrieländer noch jährlich am Kamin versammelten, um sich inoffiziell und unbeschwert über die Weltprobleme auszutauschen. Doch jetzt, mit tausenden Beratern im Rücken und zehntausenden von Demonstranten vor der Nase – da müsse man sich fragen, ob das ganze Unternehmen noch sinnvoll sei, verlautbart SPD-Generalsekretär Heil. Flankiert wird er dabei von Exkanzler Schmidt, immerhin einst einer der Erfinder dieser Art von Gipfeltreffen.

Eine allzu späte Einsicht, und noch dazu eine heuchlerische. Als ob sich deutsche Politiker – einschließlich der Sozialdemokraten – je dagegen gewehrt hätten, sich zu Weltstaatsmännern zu stilisieren, die gemeinsam und verantwortungsvoll um die Lösung der Weltprobleme ringen. Die Inszenierung solcher Gipfel suggeriert, dass die Festlegung von Obergrenzen für den CO2-Ausstoß oder die Einhaltung von Zusagen zur Afrikahilfe allein von der guten Chemie zwischen dem Weltenlenker Bush und seinen „good friends“ abhinge. Nach wie vor soll gelten: Männer (plus superangepasste Frauen) machen Geschichte!

Dass die Vertreter einiger afrikanischer und einiger Schwellenländer zu Teilen der Beratung hinzugezogen werden, macht das Schauspiel perfekt. Sie bilden die Staffage, sie liefern die Legitimation. Denn wodurch sollte sich eine Zusammenkunft wie der G-8-Gipfel sonst rechtfertigen, die sich anmaßt, allein kraft der militärischen und wirtschaftlichen Stärke ihrer Mitglieder über den Globus zu befinden?

Deshalb reicht es nicht, die G-8-Gipfel künftig auf die Insel St. Helena zu verlegen, um die mediale Resonanz zurückzuschrauben. Vielmehr steht die Abschaffung des Unternehmens an.

Denn für die Lösung der Weltprobleme gibt es bereits eine Institution und einen Ort: die UNO in New York. Der Einwand, die G 8 sei gerade die Antwort auf die mangelnde Beschlussfähigkeit der Weltorganisation, zieht nicht. Denn es sind ja weitgehend die Gleichen, die bei G 8 und bei der UNO blockieren. Deshalb gibt es keine Alternative zur UNO – um denen ein Minimum an Mitsprache zu sichern, die in Heiligendamm nichts zu sagen haben.