Einsame Reise eines Amerikaners

Ob Raketenschild, Klima, Kosovo: George W. Bush hat für seine Europa-Tour wenige Gastgeschenke im Gepäck

Die USA und Russland kommen sich derzeit an mehreren Fronten in die Quere

BERLIN afp/dpa/taz ■ Die Liste der Streitpunkte ist lang, und die Zeichen stehen für Heiligendamm alles andere als auf Entspannung. George W. Bush, der gestern seine einwöchige Europa-Reise in Prag begann, hat im Vorfeld bereits deutlich gemacht, dass es bei zwei Themen kaum Raum für Kompromisse gibt, die in Europa sehr skeptisch betrachtet werden: der geplante Raketenschild und die US-Klimapolitik. Aber auch sonst gibt es einige Punkte, über die die Tonlage, vor allem im Verhältnis zu Russland, immer schriller wird. Stichworte: Kosovo, Iran und der Kaukasus.

Dass der US-Präsident seine Tour am Montagabend ausgerechnet in Tschechien beginne und nach dem G-8-Gipfel in Deutschland in Polen fortsetze, sei eine „klare Botschaft“ an Russland, sagt etwa Simon Serfaty vom Center for Strategic and International Studies in Washington. In diesen beiden Ländern wollen die USA Teile des Raketenschildes stationieren. Serfaty interpretiert Bushs versteckte Botschaft an die Russen so: „Wir tun, was wir tun wollen, und lassen uns von euren Sorgen über die Stationierung nicht beeindrucken.“

Die USA und Russland kommen sich derzeit an mehreren Fronten in die Quere. Die Vereinigten Staaten unterstützen die Unabhängigkeit der serbischen Provinz Kosovo. Als Verbündeter Serbiens will Russland dies notfalls mit einem Veto im UN-Sicherheitsrat verhindern. Streit gibt es auch über den Iran: Während die USA den Iran in die Schranken weisen wollen, liefert Moskau der Regierung in Teheran ungerührt Waffen. In den ehemaligen Sowjetrepubliken im Kaukasus und in Zentralasien konkurrieren Moskau und Washington um Einfluss, dort geht es um viel Öl und Gas.

Alles Anzeichen für eine Wiederauflage des Kalten Kriegs, wie Kommentatoren befürchten? Die Staatschefs der G 8 bemühen sich, solche Ängste einzudämmen. Erst gestern wieder Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Eine intensive Zusammenarbeit mit Russland liegt im Interesse aller Beteiligten. Wir müssen aber intensiv auch über kontroverse Fragen sprechen“, sagte sie. In Heiligendamm werden Bush und Putin bei einem Zweiertreffen schon einmal über die Streitfragen reden. Anfang Juli dann ist Putin beim US-Präsidenten zu Besuch.