Haftbedingungen „wie im Zoo“

Anwälte protestieren gegen die Bedingungen in Gefangenensammelstelle. 1.200 Ingewahrsamnahmen gezählt

ROSTOCK taz ■ Aus Protest gegen die Unterbringung in der Gefangenensammelstelle in Rostock-Schmarl und die Arbeitsbedingungen der Anwälte hatten sich am Donnerstagnachmittag Mitglieder des anwaltlichen Notdienstes vor der Gefangenensammelstelle eingefunden. Ihnen war bekannt geworden, dass „Personen unter menschenunwürdigen Bedingungen in Metallkäfigen untergebracht werden“. In einer Industriehalle gebe es „käfigartige Zellen“, in denen bis zu 20 Menschen festgehalten werden. „Wie im Zoo“, so habe ein Belgier, der über 24 Stunden festgehalten wurde, seine Unterbringung beschrieben.

Die Existenz der Käfige belegen Fotos und Schilderungen von Personen, die im Gewahrsam waren. Die Zellen seien etwa 25 Quadratmeter groß, von allen Seiten sowie von oben einsehbar und würden ständig von Videokameras und regelmäßig von Beamten überwacht. Die dort Untergebrachten müssten auf einer einen Zentimeter dünnen Gummimatte auf dem Boden schlafen, die Halle sei in der Nacht permanent beleuchtet, den Festgehaltenen sei es nicht möglich, zu duschen. Jeder Gang zur Toilette, jeder Schluck Wasser werde protokolliert. „Hier muss man schon von Käfighaltung sprechen“, sagte Michael A. Hofmann vom Republikanischen Anwaltverein (RAV).

RAV-Vorstand Martin Lemke kritisiert zudem „eine Unterordnung von Teilen der Justiz“ gegenüber Anweisungen der Polizei. So habe die Kavala alle zuständigen Richter im Vorfeld des Gipfels zu „Belehrungen über Freiheitsentziehungsmaßnahmen“ geladen. „Außerdem hat die Polizei Richterbeschlüsse aufgehoben“, so Lemke weiter. Nachdem ein Richter zwei Räume für vier Juristen in der Gefangenensammelstelle angeordnet habe, habe ein Polizeiführer diesen Beschluss kurzerhand aufgehoben. Bis gestern hat der RAV 1.200 Ingewahrsamnahmen gezählt, davon einige bis zu sechs Tage lang. Tatsächliche Festnahmen habe man nur zehn gezählt. Nach Angaben der Polizei befanden sich in der Nacht zum Donnerstag 341 Personen in den Gefangenensammelstellen.

Die Polizeisondereinheit Kavala wollte die Vorwürfe zu der Unterbringung gestern nicht kommentieren. Doch dann räumte er ein, dass es „Standards, ähnlich wie in Gorleben“ gebe, die genutzt würden. Und: „Es mag in Teilbereichen Unregelmäßigkeiten gegeben haben.“ Aber, schränkte er sogleich ein: „Den in Gewahrsam befindlichen Personen werden ihre Rechte erklärt, und sie haben die Möglichkeit, sich sofort an einen Rechtsbeistand zu wenden. Wenn wir es polizeilich zulassen können.“

BARBARA BOLLWAHN