Schlecht: Kosovo

Um Russland entgegenzukommen, verschiebt der Gipfel eine Entscheidung über Kosovos Unabhängigkeitsplan

Die Enttäuschten des Gipfels sitzen im Kosovo. Dem Westen ist es nicht gelungen, den russischen Präsidenten Putin für den von den UN vorgeschlagenen Ahtisaari-Plan zu gewinnen. Stattdessen wurde ein Vorschlag des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy angenommen, die Entscheidung über den künftigen Status des Kosovo um sechs Monate zu verschieben.

Bei der albanischen Bevölkerungsmehrheit des Kosovo wird dies als ein Affront aufgefasst. „Wir bleiben ein Spielball der großen Mächte“, hieß es gestern in Zeitungen. Die Hoffnung, nach dem Gipfel werde der von den UN vorgeschlagene Ahtisaari-Plan, der dem Kosovo eine beschränkte Souveränität zugesteht, im Weltsicherheitsrat entschieden, ist zerstoben.

Die Kosovaren rechneten in der Tat schon in den nächsten Tagen mit der Ausrufung der Unabhängigkeit. Viele Politiker hatten die Illusion geweckt, Kosovo werde nach dem G-8-Gipfel die staatliche Unabhängigkeit erreichen und Putin werde einknicken.

Am Sonntag kommt Bush nach Albanien, und Hunderttausende von Kosovo-Albanern wollten in die Hauptstadt Tirana kommen. Jetzt überlegen sie es sich zweimal. Schon gibt es Stimmen, die sich gegen den gesamten Verhandlungsprozess wenden. Damit bleibt Kosovo angespannt. Von kommender „Reibungswärme“ sprechen diplomatische Quellen in der Region. Denn die bisher friedliche Stimmung bei den Albanern könnte kippen. Westliche Militärs rechnen schon mit einem solchen Szenario. Die im Kosovo stationierte deutsche Bundeswehr hat ihre Einheiten um 500 Mann verstärkt. Und die Nato hat Montenegro dazu bewegen können, seine Grenzen für Truppentransporte nach Kosovo zu öffnen. ERICH RATHFELDER