Minister Unersättlich

Wolfgang Schäuble will eine Fingerabdruckdatei für Ausländer einführen. Bisher verhindert die SPD die Pläne des Innenministers

FREIBURG taz ■ Innenminister Schäuble möchte die Fingerabdrücke aller in Deutschland lebenden Ausländer, die nicht aus der EU oder der Schweiz kommen, erfassen und im Ausländerzentralregister (AZR) zentral speichern. Ein Referentenentwurf zirkuliert seit einigen Wochen in der großen Koalition, berichtet Dieter Wiefelspütz, der innenpolitische Sprecher der SPD.

Der Referentenentwurf zielt eigentlich auf die Einführung einer Visa-Warn-Datei. Dort sollen Personen zentral gespeichert werden, die Ausländer nach Deutschland einladen. So sollen Schleuser enttarnt werden, die häufig und in verschiedenen Staaten solche Einladungen aussprechen. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag war verabredet worden, zunächst eine EU-weite Einlader-Datei anzustreben. Nachdem nun aber auf EU-Ebene keine Einstimmigkeit zu erzielen war, will Schäuble eine nationale Visa-Warndatei aufbauen, die im AZR mitverwaltet wird.

In dem Referentenentwurf wurde nun auch eine Regelung versteckt, die mit der Warndatei nichts zu tun hat, außer dass ebenfalls das Ausländerregister betroffen ist. Nach Angaben von Spiegel Online sollen die Fingerabdrücke aller Nicht-EU-Ausländer im AZR gespeichert werden. Betroffen wären neben den schon bisher erfassten Asylbewerbern, Visaantragstellern, vor allem aber die 1,7 Millionen türkischen Staatsbürger, die teilweise schon lange in Deutschland leben.

Die SPD will allerdings bereits hier lebende Einwanderer von der Regelung ausnehmen. „Bei Bestandsausländern machen wir nicht mit“, sagte SPD-Fraktionsvize Fritz Rudolf Körper der taz. Auch sein Kollege Wiefelspütz zweifelt an der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme.

Das Bundesinnenministerium dementierte die Pläne gestern nicht, betonte aber, dass es noch keinen gemeinsamen Gesetzentwurf der Bundesregierung gebe. Nach Darstellung von Wiefelspütz wollte Schäuble das Vorhaben ganz schnell durchs Parlament jagen. Schon am Donnerstag hätte der Bundestag die zentrale Fingerabdruck-Speicherung für Ausländer beschließen sollen. „Das habe ich aber verhindert“, betont Wiefelspütz, „dieses Vorhaben erfordert schließlich intensive Beratungen.“

Am Donnerstag wird allerdings eine ähnliche Maßnahme im Bundestag beschlossen, die bislang für wenig Aufregung sorgte. So sollen im Ausländerzentralregister die Fotos aller in Deutschland lebenden Ausländer gespeichert werden (siehe auch taz v. 23. 5. 2007). Selbst die EU-Bürger werden hier erfasst, was der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar für einen Verstoß gegen EU-Recht hält. Ziel ist unter anderem die Aufdeckung von Personen, die mit verschiedenen Namen und Pässen nach Deutschland eingereist sind. Diese Verschärfung des AZR-Gesetzes ist Teil eines 266 Seiten dicken „Zweiten Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes“, das vor allem EU-Richtlinien umsetzt. Im Endstadium sollen etwa 30 Millionen Lichtbilder im AZR verwaltet werden.

Dass die von Schäuble gewünschte zentrale Speicherung von Fingerabdrücken für mehr Wirbel sorgt, hängt sicher damit zusammen, dass die Abnahme von Fingerabdrücken bisher vor allem aus Kriminalfilmen bekannt ist. Petra Pau von der Linksfraktion sagte gestern, Nicht-EU-Ausländer würden wie „potenzielle Terroristen und Verbrecher“ behandelt. CHRISTIAN RATH