Grüne putzen Jobpläne runter

Ein Prestigeprojekt von Rot-Rot gerät unter Beschuss. Grüne: Start und Finanzierung der 2.500 sozialversicherungspflichtigen Jobs für Langzeitarbeitslose unklar. Linkspartei: Wir haben das Geld

VON MATTHIAS LOHRE

Vorzeigeprojekte in der Politik haben es immer schwer. Ihre Gegner beäugen sie kritisch, und ihre Verfechter erklären schnell in Erklärungsnot, wenn bei den Prestigevorhaben etwas ins Stocken gerät. So ergeht es derzeit auch dem Traum des Senats, 2.500 öffentlich finanzierte, sozialversicherungspflichtige Jobs für Langzeitarbeitslose zu schaffen. Die Grünen teilen nicht mehr die Hoffnung von Rot-Rot, mit ein paar Umbauten und ohne Mehrkosten lasse sich Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren.

Den Anlass hat der Senat selbst geliefert. In der Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Ramona Pop listet die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales viele Wenns und Abers auf, die der Einführung der Jobs entgegenstehen: Der Bund und die Arbeitsagentur Berlin-Brandenburg müssten Berlins Plänen noch zustimmen. Bis auf weiteres werde es nichts damit, ohnehin gezahlte Transferleistungen an Hartz-IV-Empfänger schlicht zu bündeln und aufzustocken – und so die 2.500 Jobs zu finanzieren. Auch steht noch eine Einigung mit der Bundesregierung aus.

Deshalb spricht die Grünen-Arbeitsmarktexpertin Ramona Pop nun von einer rot-roten „Mogelpackung“. Die Verhandlungen mit dem Bundesarbeitsministerium sind aus ihrer Sicht „gescheitert“: „Der Senat hat es versäumt, nach tragfähigen Alternativen zu suchen“, kritisiert Ramona Pop.

Ganz im Gegenteil, kontert die Sozialpolitikexpertin der Linkspartei, Elke Breitenbach. Der Senat habe einen anderen Weg gefunden. Allein für 2007 ständen bis zu 3 Millionen Euro Landesmittel bereit und ebenso viel Geld aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF). In den beiden Folgejahren soll es sogar jeweils doppelt so viel sein. Kurz: „Noch vor der Sommerpause geben wir den Startschuss für die Einführung öffentlich geförderter Jobs.“ Im Herbst sollen wie geplant die ersten Stellen entstehen. Wie viele, wagte Breitenbach gestern nicht zu sagen. Die Jobs sollen Langzeitarbeitslosen über 55 Jahren helfen, die auf dem normalen Arbeitsmarkt kaum noch eine Chance haben.

An dieser Stelle hakt es aus Grünen-Sicht beim rot-roten Prestigeprojekt. Ramona Pop kritisiert: „Die Maßnahmen mit dem Etikett ‚öffentlich geförderter Beschäftigungssektor‘ gehen zulasten bereits geplanter Maßnahmen.“ Denn zur Finanzierung der Dauerarbeitslosenjobs zapft der Senat nach eigener Aussage Geld ab, das eigentlich vorgesehen ist für „Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante“.

Hinter dem Wortungetüm verbirgt sich die sozialversicherungspflichtige Variante des 1-Euro-Jobs. „Der Senat greift also auf bewährte arbeitsmarktpolitische Instrumente zurück“, urteilt Pop. „Besonders neu ist das nicht.“ Zudem ist die „Entgeltvariante“ ein Mittel, Arbeitnehmer wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Die 2.500 Jobs will der Senat jedoch Menschen geben, die dort aus Sicht der JobCenter keine Chance mehr haben.