Steuer: Lebenslang dieselbe Nummer

Ab 1.Juli wird Deutschland vom Fiskus durchnummeriert. Datenschützer hegen "grundlegende Zweifel" gegen feste Steuernummer

Datenschützer-Beauftragter Schaar fürchtet, das Gesetze "aufgeweicht" und die Steuernummer-Daten auch für andere Zwecke genutzt werden könnten. Bild: dpa

HAMBURG taz Am 1. Juli kommt die persönliche Steuernummer: Vom Baby bis zum Greis wird jeder von der Finanzverwaltung in einer zentralen Datei erfasst und mit einer Steueridentifikationsnummer (TIN) versehen werden - bis über den Tod hinaus. Damit will der Fiskus Betrügern leichter auf die Schliche kommen, seine Verwaltung rationalisieren und besseren Service für seine Kunden bieten. Skeptiker sehen den gläsernen Bürger auf uns zukommen. Ab Juli melden die Einwohnermeldeämter die Daten von 82 Millionen Bürgern an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bonn.

Die neue Steueridentifikationsnummer (TIN) wird aus einem elfstelligen Zahlencode zusammengesetzt, der keinerlei Rückschlüsse auf persönliche Daten, wie beispielsweise das Geburtsdatum, zulassen soll. Bereits 2003 wurde die TIN in die "Abgabenordnung", dem Grundgesetz der Finanzbehörden, fest geschrieben. Das Bundeszentralamt für Steuern speichert ab 1. Juli zur persönlichen Nummer folgende Daten: Familienname, frühere Namen, Vornamen, Doktorgrad, Künstlernamen, Tag und Ort der Geburt, Geschlecht, gegenwärtige oder letzte bekannte Anschrift, zuständige Finanzbehörden und - zu gegebener Zeit - den Sterbetag.

Neben den Personalien werden auch die jeweils aktuellen Anschriften erfasst. Die elfstellige, zufällige Zahlenkombination gilt ein Leben lang und kann erst 20 Jahre nach dem Tod gelöscht werden. Mit der vorgesehenen Datenbank wird erstmals ein zentrales Register der gesamten Bevölkerung geschaffen.

Die bereits im Jahr 2003 von der rot-grünen Bundesregierung beschlossene Registrierung gilt als eine der größten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für die deutsche Bürokratie. Ab Oktober soll dann allen Bundesbürgern ihre persönliche TIN per Post zugestellt werden. Trotzdem dürfte die einheitliche Steuernummer vor allem jenen erst mal ziemlich egal sein, die schon eine Steuernummer beim Finanzamt haben. Allerdings unterscheidet sich diese in zwei wichtigen Punkten von der neuen Super-TIN.

Bisher wechseln die Nummern im Laufe eines Lebens mehrmals, die einheitliche Steueridentifikationsnummer jedoch wird lebenslang gelten, und zudem wird die TIN ("Taxpayer Identification Number") schon mit der Geburt vergeben, obwohl Säuglinge bekanntlich keine Steuern zahlen. Damit ist die deutsche TIN weit rigider als das US-amerikanische Vorbild. Profitieren dürften in erster Linie die Finanzbehörden selbst. Sie schaffen damit endlich den Sprung in die Internet-Ära, können Arbeitsprozesse straffen und haben günstigere Karten bei der Kontrolle von Steuerpflichtigen sowie bei der Suche nach unversteuerten Einnahmen. Bürger, wie auch Unternehmen und Selbständige, müssen bei Umzug keine neue Steuernummer mehr beantragen, und wer vom Angestellten- ins Selbstständigen-Dasein wechselt, kann sich fortan den Weg zum Finanzamt sparen.

Kritik kommt, wie beim Kontenabruf und der Autobahnmaut, vom Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar. Er hatte im Vorfeld gefordert, eine TIN nur zu vergeben, wenn jemand steuerpflichtig wird. Der lebenslang als Nummer existierende Bürger werde nun aber Realität. Schaar tröstet sich: Er habe den von Politikern geplanten Datenkatalog verkleinern können. Und es sei vorerst eine Begrenzung auf rein steuerliche Zwecke erreicht worden. "Grundlegende Zweifel" blieben aber: Der Bundesdatenschutzbeauftragte fürchtet, dass in den nächsten Jahren durch neue Gesetze die Eindämmung auf reine Steuerfragen "aufgeweicht" werde und die Mega-Datenbank vom Staat vielfältig gegen die Bürger eingesetzt werde. Das Kontenabrufverfahren - einst nur zur Aufdeckung von Terroristen gedacht und nun für Zwangsvollstreckungen bei Hartz-IV-Empfängern eingesetzt - sei ein anschauliches Beispiel.

In das gleiche Horn bläst Karl Heinz Däke vom Bund der Steuerzahler. Mit der Steueridentifikationsnummer werde "die Grundlage für eine zentrale Speicherung aller Daten vorbereitet". Und davon hätten Meldeämter, Mautstellen oder Zulassungsbehörden aller Art Unmengen von jedem gesammelt. Es müsse verhindert werden, "dass andere Behörden die von der Finanzverwaltung gespeicherten Daten einsehen können". Däke fordert einen klaren Beschluss des Bundestages, der die TIN bei der Finanzverwaltung einschließt.

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