Affront aus Bayern

Die Münchner Medienwächter leisten Springer verschärft Schützenhilfe. BLM-Chef Wolf-Dieter Ring greift Konzentrationskommission direkt an

VON STEFFEN GRIMBERG

Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich hat einen grausigen Namen, eine brauchbare Abkürzung (KEK) und eine verantwortungsvolle Aufgabe: Sie muss beantworten, ob der geplante Zusammenschluss der Axel Springer AG mit der ProSiebenSat.1-Sendergruppe zu zu viel „Meinungsmacht“ führt.

Freundliche Unterstützung leistet dabei die Bayerische Medienanstalt, kurz BLM. Denn sie hat die ganze Sache schon mal vorgeprüft, rechtlich gewürdigt – und kommt zu dem Ergebnis, „dass es keine rechtliche Grundlage gibt, diese Übernahme zu untersagen“. Und Bayerns oberster Medienwächter Wolf-Dieter Ring legt noch nach: Im Fall Springer-ProSiebenSat.1 „sollte ausdrücklich aus Gründen der Rechtsklarheit“ noch nicht mal eine „umfassende Prüfung erfolgen“, sagte Ring jetzt dem Fachdienst Kontakter. Und dass man sich doch bitte darüber freuen solle, dass so ein properes, „publizistisch arbeitendes“ Unternehmen wie Springer jetzt auch Fernsehen macht (siehe Kasten).

Das Ganze ist ein Affront gegen Konzentrationskontrolle und die KEK im Allgemeinen, schließlich ist das unabhängige Expertengremium sogar ein Organ der Landesmedienanstalten. Und eine Ohrfeige für KEK-Chef Dieter Dörr im Besonderen. Denn der will den Fall, der „anders ist als alle bisherigen“, in den nächsten Monaten ausführlich prüfen. Und hatte schon zu Rings erster euphorischer Stellungnahme gleich nach Bekanntgabe des Deals („Diese Konstellation ist Garant für […] die Weiterentwicklung der Programmqualität mit publizistischem Anspruch“) irritiert sein Befremden geäußert, dass „da ein Direktor einer Landesmedienanstalt meint, der KEK Ratschläge erteilen zu müssen“. Jetzt ist statt eines Ratschlags quasi schon das gewünschte Ergebnis präsentiert worden, natürlich streng aus bayerischer Sicht. Medienpolitik ist schließlich auch immer Standortpolitik, und Ring seit 2002 Träger der Bayerischen Verdienstmedaille in Silber.

Bei den meisten anderen fünfzehn Landesmedienanstalten – es gibt jeweils eine pro Bundesland, nur Berlin und Brandenburg arbeiten in der MABB zusammen – rauft man sich wegen Ring die Haare. Doch fast alle halten offiziell die Klappe. Natürlich gelte „die Redefreiheit auch für Herrn Ring“, sagt MABB-Chef Hans Hege, der sich auch sicher ist, „dass die KEK sich davon nicht beeinflussen lässt“. „Wir machen so etwas nicht“, sagt Hege, schließlich würde sonst die KEK ad absurdum geführt. Durch das BLM-Vorpreschen werde außerdem das „Bild der Landesmedienanstalten nicht gerade verbessert“. Dumm nur, dass es ohnehin nicht so rosig um das Image der Privatfunk-Aufsicht bestellt ist – und sie jetzt durch eine wirklich unabhängige Prüfung des ProSiebenSat.1-Deals Boden wettmachen könnte.

Genau das ist aber Ziel eines Teils der Medienpolitik – schließlich ist die KEK schon jetzt so harmlos wie möglich gestaltet. Doch auch das ist manchen Medienwächtern – vor allem in Bayern – offenbar schon zu viel.

Und noch jemanden hat BLM-Chef Ring vor den Kopf gestoßen – der’s aber wohl gut verschmerzen kann: den bisherigen Senderfamilienvater Haim Saban. Der steht nun plötzlich als Investor da, dem „es primär um Gewinnmaximierung“ geht. „Fairerweise muss man sagen, dass er durch sein Engagement den Zusammenhalt der Unternehmensgruppe gesichert hat“, sagt Ring im Kontakter. Hmm. 2004 hatte sich das doch noch ganz anders angehört: „Der Mehrheitsaktionär der ProSiebenSat.1 Media AG, Haim Saban, hat am heutigen Donnerstag erstmals die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) besucht. Im Mittelpunkt des Besuchs (…) stand ein Gespräch mit BLM-Präsident Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring“, jubilierte am 25. 3. 2004 die BLM-Pressestelle im besten Politbüro-Ton. Und: „BLM-Präsident Ring bewertete das Engagement der Saban-Gruppe sehr positiv.“