Proteste in Marokko

Studenten aus der besetzten Westsahara demonstrieren für die Unabhängigkeit und werden brutal geschlagen

MADRID taz ■ Der Konflikt um die von Marokko besetzte Westsahara hat die Universitäten Marokkos erreicht. Seit nunmehr drei Wochen ziehen fast täglich größere Gruppen von Studenten aus der seit 1975 okkupierten ehemaligen spanischen Kolonie durch die Hochschulen von Agadir, Marrakesch, Rabat und Casablanca. Sie führen Fahnen der in den Flüchtlingscamps im südwestalgerischen Tindouf residierenden Exilregierung mit sich und fordern auf Transparenten die Unabhängigkeit ihres Landes. Marokkanische Studenten und Spezialeinheiten der Polizei umstellen die saharauischen Jugendlichen immer wieder. Die Protestierenden werden brutal zusammengeschlagen. Brahim Dahane, der Vorsitzenden der Saharauischen Vereinigung für Menschenrechte (ASVDH) in Marrakesch, berichtet per Telefon von knapp 200 Verletzten und 23 Verhafteten.

Am schlimmsten traf es Sultana Khaya. „Die brutalen Beamten umzingelten mich und schlugen und traten wild auf mich ein“, berichtet sie aus ihrem Krankenzimmer im Hospital von Marrakesch den Journalisten, die sie auf ihrem Handy anrufen. Ein Schlagstock zerstörte ihr rechtes Auge. „Als ich schrie, dass mein Auge verletzt sei, schlugen sie erst recht auf mein Gesicht“, berichtet Khaya.

In al-Aaiun, der Hauptstadt der Westsahara, kommt es in den letzten Tagen immer wieder zu Solidaritätskundgebungen mit den Studenten. Auch hier schlägt die marokkanische Polizei wild auf die Saharauis ein. Die Bewegung für die Befreiung der Westsahara, die Polisario, fordert die UNO und die EU auf, „diese schwersten und massiven Menschenrechtsverletzungen zu verurteilen“.

Mit dem harten Vorgehen gegen die Studenten versucht Marokko um jeden Preis zu verhindern, dass die Proteste bis Mitte Juni anhalten. Dann nämlich werden sich auf Druck der UNO Vertreter der marokkanischen Regierung und der Polisario in Genf unter Anwesenheit des UN-Generalsekretärs Ban Ki Moon zu direkten Verhandlungen treffen. Ob es dabei zu einer Einigung kommen wird, darf bezweifelt werden. Marokko schlägt für die illegal besetzten Gebiete eine Autonomieregelung vor, während die Polisario auf einer Volksabstimmung besteht, bei der die Bevölkerung entscheidet, ob die Westsahara unabhängig werden soll oder bei Marokko bleibt. REINER WANDLER