Migräne im Museum

Natalie Tenbergs Gastro- und Gesellschaftskritik: Im Café des Bode-Museums in Berlin Mitte ist der Salat leider nicht ausverkauft

Ein Museumsbesuch kann den stärksten Bildungsbürger mürbe machen. Man läuft stundenlang an Bildern und Skulpturen vorbei, betrachtet, betrachtet, betrachtet. Bei dieser einseitigen Handlung muss vor allem die für die Entscheidungsfindung verantwortliche Hirnregion ausgeschaltet werden. Anders ist nicht zu erklären, warum man in der Cafeteria von Museen regelmäßig hinter einem angegrauten Oberstudienrat landet, der vor Stunden genau wusste, dass er Mineralwasser nur mit Kohlensäure mag. Nach drei Stunden Rembrandt weiß er es aber nicht mehr. Jede im Regal stehende Flasche muss einmal angefasst werden.

Damit es so weit nicht kommt, wird im Café im Bode-Museum serviert. Abgeranzte Plastiktabletts hätten aber auch wirklich nicht zu diesem Raum gepasst, diesem überdimensionierten Halbrund in weißem Marmor, den man über eine Treppe erreicht, auf der sich selbst Dirk Nowitzki als Däumling fühlen muss. Stuck verziert die Oberlichter, riesige Fenster lassen die Sonne hinein. Der Raum wird dabei nicht hell, sondern grell. Unter den Fenstern stehen dunkelgrüne Sofas, das einzig Weiche im Raum. Die schwarzen Holzstühle knallen als Kontrast zum alles beherrschenden Weiß – und laut auf den Boden.

An den Tischen sitzen Frauen, viele Frauen, und die meisten erinnern an Adelheid und ihre Mutti auf Städtereise. Das Nahrungsangebot im Café des Bode-Museums ist nicht groß: Salat, Panini, Kuchen, der leider schnell ausverkauft ist.

Für den Salat wäre es auch besser, er wäre schon ausverkauft gewesen, als wochenlang fertig geschnitten im Kühlschrank zu liegen. Im gemischten Salat, der in einer großen Glasschüssel gereicht wird, sind Salat, Tomaten, Körner, Mais, Gurke und Feta. Mühselig muss der Gast die Goodies aus dem Salat picken, denn die Salatblätter und die laffe Tomate lassen sich keinesfalls essen, auch nicht wenn sie im Fertigdressing ersaufen. Im Panino mit Lachs ist ein besonders braunes versteckt – einfach nur fies.

Verständnis für die Küchenkräfte, von Köchen möchte man nicht sprechen, tut sich indes im milden Herzen schnell auf. Im ganzen Café klirrt und hallt es unerträglich, über das Klingkling wird ein Walzer von Schostakowitsch gedröhnt.

Unter diesen Bedingungen kann ein Mensch nicht arbeiten, höchsten Migräne bekommen. Säße man hier bei Selbstbedienung, die Flucht wäre schnell ergriffen. So wartet man auf die ungerechtfertigte Rechnung und verabschiedet sich dann auf Nimmerwiedersehen.

CAFÉ IM BODE-MUSEUM, Bodestr. 1–3, 10178 Berlin-Mitte, Tel. (0 30) 20 21 43 30, S Hackscher Markt, Mo.–So. 10–18 Uhr, Do. 10–22 Uhr, Cola 2,10 €, Latte macchiato 3,60 €, Salat 4,90 €, Panini 4,90 €