Theaterstudenten weigern sich

Der Gebührenboykott erreicht jetzt auch die Musikhochschule: 89 von 119 Studenten des Theaterstudiengangs wollen nicht bezahlen. Die Wissenschaftsbehörde beharrt auf Exmatrikulation

Vor der Boykottaktion haben die Studierenden sich Unterstützer aus der Theaterszene gesucht und Spenden gesammelt

VON KAIJA KUTTER

Nicht nur an der Kunsthochschule, auch an der Hochschule für Musik und Theater droht jetzt ein ernster Konflikt um die neu eingeführten Studiengebühren. An der Theaterakademie der Hochschule haben 89 von 119 zahlungspflichtigen Studierenden eine Boykott-Erklärung unterschrieben und Widerspruch eingelegt. „Wir treffen uns jetzt wöchentlich und besprechen, wie wir weiter vorgehen“, berichtet Theaterstudent Hendrik. Zahlungstermin war eigentlich der 15. Juni. Anders als an der Kunsthochschule habe man aber kein Boykottkonto eingerichtet, sagt Hendrik.

Insgesamt hat die Musikhochschule 380 zahlungspflichtige Studierende – die Theaterakademie ist nur einer von drei Studienbereichen. Dort werden Schauspieler, Schauspielregisseure, Musikregisseure, Opernsänger und Sänger ausgebildet. An den anderen Dekanaten war nach Einschätzung der Studierenden wegen des hohen Anteils vom Stipendiaten und ausländischen Studierenden ein solcher Boykott nicht organisierbar.

Laut Hendrik ist es für Theaterstudierende schlicht nicht möglich, neben dem Studium zu jobben. „Wir haben oft neben dem Unterricht noch Projekte auf Theaterbühnen wie Kampnagel oder Thalia laufen“, sagt er. „Das bekommen wir nicht bezahlt, können es aber nur machen, wenn wir nicht nebenher arbeiten müssen.“ „Wir haben wirklich ein sehr zeitaufwendiges Studium“, ergänzt Kommilitone Benedikt. Er komme oft nur zum Schlafen nach Hause. Beide sprechen von einem „positiven Stress“, den sie gerne auf sich nähmen. Nur: Mit 500 Euro Gebühr sei dies nicht zu vereinbaren. Auch der von Wissenschaftssenator Jörg Dräger organisierte Kredit sei keine Hilfe. Hendrik: „Viele müssen auch noch Bafög zurückzahlen. Mit so viel Schulden ins Berufsleben zu starten ist krass.“

Vor der Boykottaktion haben die Studierenden sich Unterstützer aus der Theaterszene gesucht und Spenden für die Anwaltskosten gesammelt. In einem vorgedruckten Brief an die Musikhochschule erklärten über 300 „Theaterfreunde“, sie sähen die „Zukunft der Theaterkultur gefährdet“, wenn künftig der finanzielle Hintergrund und nicht allein die künstlerische Begabung „entscheidend für den Erhalt eines Studienplatzes“ sei. Den Brief haben unter anderem die Schauspieler Peter Jordan und Monika Bleibtreu sowie Dozenten der Hochschule abgeschickt.

Musikhochschul-Sprecherin Gabriele Bastians bestätigt, dass etwa 80 Studierende der Theaterakademie Widerspruch eingelegt haben. Ob sie auch alle nicht gezahlt haben, sei noch nicht überprüft. Insgesamt sei die Situation mit dem Gebührenboykott der Kunsthochschule aber „in keiner Weise vergleichbar“. Unter anderem habe Präsident Elmar Lampson für 90 Studierende einen Fonds zur Refinanzierung der Gebühr ins Leben gerufen, durch den diese Gelegenheit erhalten, „durch künstlerische Auftritte ihre Studiengebühr wieder zu verdienen“.

Sollten sie dennoch nicht zahlen, müsste auch die Musikhochschule auf die Gesetzeslage verweisen. Bastians: „Dabei gibt es eine Variante, bei der Studierende noch eine Nachfrist kriegen. Ihnen wird eine Exmatrikulation zugeschickt, die wirkungslos ist, wenn sie binnen 14 Tagen zahlen“. Dies werde aber „niemanden im laufenden Semester treffen“, das Mitte Juli endet.

Auch an der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) hatte Präsident Martin Köttering dieses Verfahren angekündigt, falls die Studenten nicht zahlen. Unterdessen haben alle 26 Professoren der HfBK in einem Offenen Brief an Senator Dräger geschrieben, dass sie die Entwicklung „mit brennender Sorge“ betrachteten. Da mittlerweile schon 359 von 452 Studenten das Geld nicht zahlten und 80 Prozent die Exmatrikulation drohe, werde es „für viele Jahre keinen künstlerischen Nachwuchs mehr geben“. Und auch Köttering selber erklärte, er fürchte, künftig würden „Talente Hamburg meiden“ und an gebührenfreie Kunsthochschulen wie Berlin oder Düsseldorf ausweichen. Köttering wollte nun im Gespräch mit Dräger eine Lösung suchen.

Doch der beharrt auf seiner harten Linie. „Wir sagen, die HfBK-Verwaltung ist jetzt am Zug“, erklärt seine Sprecherin Sabine Neumann. „Sie kann ein Mahnverfahren einleiten oder eines zur Exmatrikulation.“ Angesprochen auf die Sorge der Kunstprofessoren sagt sie: „Offene Briefe werden vom Senat grundsätzlich nicht kommentiert.“