Der große Biodiesel-Schwindel Von Mathias Bröckers

Als im August 1893 bei MAN mit der Fertigung eines neuartigen, selbstzündenden Motors begonnen wurde, notierte der Erfinder Rudolf Diesel als wichtigen Vorteil seiner Maschine, daß sie „mit einer Vielzahl von Brennstoffen, vor allem mit Pflanzenöl“ betrieben werden könne. Wenige Jahre später lief der neue Dieselmotor einwandfrei mit allen möglichen Treibstoffen – vom Rohöl bis zu den verschiedensten Pflanzenölen.

Als im September 1993 europäische Autoclubs die 2.300 Kilometer lange ECO Tour of Europe starteten, sollte unter 50 Autos das sparsamste gekürt werden. In der ADAC-Motorwelt (11/93) wurde die Ökotour mit einem großen Artikel gefeiert – doch der Sieger wurde nicht genannt. Es war ein Mercedes 190 mit Elsbettmotor, der 3,5 Liter Pflanzenöl auf 100 Kilometer gebraucht hatte – das Auto war 9 Jahre alt, der Motor hatte bereits 335.000 Kilometer auf dem Buckel. Sein Pech war, daß die ECO-Tour von Shell und großen Autofirmen gesponsert wurde – und die haben den Elsbettmotor nicht im Programm.

Jede Ölmühle eine „Raffinerie“, jeder Bauernhof eine Tankstelle, jede Salatölflasche ein Reservekanister – wo kämen wir da hin mit unserem kontrollierten Petrochemie- und Mineralölsteuer- Geschäft? Das Zauberwort dagegen heißt „Biodiesel“. Mit „Diesel“, dem Pflanzenölkonzept des genialen Rudolf – das der bayrische Ingenieur Ludwig Elsbett mit vielen Patenten verfeinerte – hat dieser Treibstoff allerdings genausowenig zu tun wie mit „Bio“. Denn das Pflanzenöl, derzeit meist Raps, wird in einem mehrstufigen chemischen Verfahren zu Raps- Methylester gewandelt, unter Einsatz von Methanol (einem Erdgasprodukt), unter Zurücklassung von Abfall (Glyzerin) und in großtechnischen, zentralen Anlagen. Diese teure „Veredelung“ geschieht unter dem Vorwand, Pflanzenöle müßten an die bestehende Motortechnik angepaßt werden. Daß an Pflanzenöl perfekt angepaßte Motoren längst existieren, daß sich Elsbett-Diesel mit reinem Pflanzenöl tausendfach bewährt haben, daß sie die fossilen Motoren der Diesel- und Benzinkonkurrenz in der Ökobilanz weit hinter sich lassen, daß die großtechnische Verwandlung von reinem Pflanzenöl in giftigen Sprit absolut überflüssig ist – dies totzuschweigen ist Basis des Biodiesel-Schwindels.

Das allseits beschworene CO2- neutrale 3-Liter-Öko-Auto existiert, es könnte mit dem Elsbettmotor morgen gebaut werden; nur würde das Milliardenimperirum der petrochemischen Industrie dadurch in den Grundfesten erschüttert. Denn auf 30 Millionen Hektar stillgelegter Flächen in der EU könnten jährlich 30 Millionen Tonnen Treibstoff wachsen, und jeder Bauer könnte eine freie Tankstelle eröffnen – ohne ein Gramm Chemie, ohne Preisdiktat durch die Biodiesel-Raffinerien.

Die Mineralölkonzerne, die durch den Wegfall bleihaltigen Benzins jetzt eine Tanksäule frei haben, werden demnächst verstärkt Biodiesel auf den Markt drücken – mit großem Ökoheiligenschein und Segen des mitverdienenden Finanzministers. Diesen Megaschwindel sollte sich niemand in den Tank packen lassen. Von „Bio“ kann in Sachen Auto erst die Rede sein, wenn überall Elsbettmotoren schurren, mit Lein-, Sonnenblumen-, Rapsöl und natürlich mit Hanföl pur.