Schuld hat nur der Feminismus

Das SCHLAGLOCH von VIOLA ROGGENKAMP

Was sind Zuwendung, Versorgung und Verlässlichkeit gegen das Sperma eines Sparkassendirektors?

Angesichts der vielfach hervortretenden Neigung weiblicher Lehrkräfte, frauenrechtlerische Bestrebungen zu wecken und zu übertreiben und den beruflichen Gedanken bei Mädchen zu überspannen, ist eine Verfügung zu fordern, die anordnet, dass die Mädchen auf ihre zukünftigen Aufgaben in der Familie sowie auf ihre späteren Pflichten als Gattinnen und Mütter vorzubereiten sind. Preußischer Philologenverband in der Vor-Nazizeit

Was sie an ihrem Rivalen Roland Koch irritierend finde, ist Angela Merkel gefragt worden. Dass er so gut kochen könne, antwortete sie keck, und dazu machte sie ihren meuchlerischen Augenaufschlag; der war sogar im Radio zu hören. Diese Frau ist nicht mehr aus dem Rennen zu nehmen. Gerhard Schröder möchte sie ins Bundespräsidentenamt wegloben, wie mancher CDU/CSU-Mann auch, das wird ihm nicht gelingen. Zwei Jahre vor der Bundestagswahl können wir das Ergebnis ankündigen: Die neue Bundeskanzlerin wird Angela Merkel heißen. In Scharen werden enttäuschte SPD- und Grüne-Wählerinnen dieser Frau ihre Stimme geben und damit ungern, doch unvermeidlich der CDU/CSU.

Rot-Grün hat sein emanzipatorisches Programm sechs Jahre lang nicht ernst gemeint und verspricht am Ende wie am Anfang Ganztagsschulen. Von den Frauen verlangen SPD und Grüne so ziemlich alles, gegeben wurde fast nichts. Bloß ein erhöhtes Kindergeld. Die versprochene Ganztagsbetreuung fehlt, die Arbeitsplatzförderung für Frauen wurde nicht eingelöst. Das für Frauen schlechte Ehegattensplitting ist geblieben.

Deutsche Frauen sollen Kinder bekommen und mit diesen Kindern mittags nach dem Essen Schularbeiten machen, sie sollen ihre alten Eltern und Schwiegereltern pflegen und sie sollen im Beruf flexibel bleiben, heute Nürnberg und im nächsten Jahr Kiel, ihre Alten und ihre Kinder im Gepäck. Da kann eine Frau doch gleich CDU/CSU wählen und tut damit noch etwas für die Selbstverwirklichung wenigstens einer Frau, ausgerechnet der Frau, die den Patriotismus predigt. Zu Deutsch: Vaterlandsliebe.

Angela Merkel wird die stolze Mutter einer stolzen deutschen Nation werden, an ihrer Brust trägt sie den Orden „Opfer des DDR-Faschismus“, und damit macht sie die Mehrheit im deutschen Westen glücklich, und die Mehrheit im deutschen Osten auch, denn die Mehrheit war ja immer dagegen. Sie selbst ist keine Mutter. Das macht nichts. Kinder für die Kanzlerin wird es heißen, das wird die schlimmste Strafe für den deutschen Feminismus sein. Die linken Männer werden den Feministinnen das unter die Nase reiben und heimlich die Rückkehr zu den fundamentalistischen Werten des Patriarchats begrüßen: Kinder, Kirche, Fitness-Center.

Denn Schuld hat doch eigentlich der Feminismus. Wer sonst? Weil die Frauen sich unbedingt selbst verwirklichen müssen und andauernd abtreiben, darum haben wir heute das Loch im Rententopf, die hohe Frauenarbeitslosigkeit, die Verblödung der Schulkinder, die wachsende Gewalt unter Jugendlichen und den seelisch und körperlich völlig verstörten Mann. Die ganze deutsche Gesellschaft können Frauen einem kaputtmachen. Deutsche Politiker und Statistiker sehen ihren demografischen Turm wackeln und stürzen, sie sprechen von einer „sozialstaatlichen Katastrophe“, deren „Dynamik das Jahrhundertwerk des Rentensystems“ zerstören wird. Das haben die Frauen schon geschafft. So mächtig sind Frauen. Ein Kind in sich wachsen lassen und in die Welt bringen kann nur die Frau. Der Mann kann das nicht. Bevor der Mann noch seinen eigenen Stammhalter hat, ist er ausgestorben. Was ist da zu tun? Ist da noch was zu tun? Können Frauen noch etwas daran ändern oder sollen wir uns aussterben lassen?

Sehen wir auf unsere Geschichte. Das ist nie verkehrt. Noch im 19. Jahrhundert galten Frauen als krank, die keine Kinder hatten. Die Nazis führten 1933 eine Sondersteuer ein für Unverheiratete. Später war diese Steuer auch von kinderlos gebliebenen Paaren zu zahlen. Beamtinnen wurde automatisch gekündigt, wenn sie heirateten. Ehestandsdarlehen waren für Frauen gebunden an ein Beschäftigungsverbot. Jede Lehrerin war bei ihrem Eintritt in den Schuldienst nicht verheiratet und eine Frau ohne Kind. Verbeamtet wurde sie erst ab ihrem 35. Lebensjahr. Hatte sie bis dahin kein Kind, würde sie keines mehr bekommen, davon ging man aus. Da sie aber nun unverheiratet und kinderlos war, hatte eine Lehrerin keinen Anspruch auf eine Lehrerdienstwohnung.

Unter der Last von Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit galt die emanzipierte Frau, die „ihre natürliche Bestimmung verraten“ hatte, als entartet. Journalisten schrieben es, Politiker sprachen es aus, an den Stammtischen wurde es begossen. Und die damalige deutsche Frauenbewegung gab in dieser Vor-Nazizeit ihre besten und mutigsten Frauen auf, darunter auch Jüdinnen. Andere Frauenrechtlerinnen fanden sich, die dem neuen deutschen Ton entsprachen.

Das wird sich nicht wiederholen. Aber manches ist geblieben. Frauen, nicht Männern, wird der Vorwurf gemacht, es würden zu wenig Kinder geboren. Gefragt wird in Untersuchungen, ob die Emanzipation der Frau schuld sei. Hinsichtlich der Männer wird bloß erwogen, ob Umweltgifte ihre Zeugungsfähigkeit beeinträchtigt haben könnten. Mehr nicht.

Frauen werden immer gefragt, ob sie Kinder haben. Dagegen erfährt man über Männer des öffentlichen Lebens (auch in dieser Zeitung) nur etwas über den Vater: Sohn eines westfälischen Sparkassendirektors. Und nie ein Wort über die Mutter. Sohn einer westfälischen Hausfrau. Das ist doch nichts. Neun Monate Schwangerschaft, Tag und Nacht für dieses Kind da zu sein, fünfzehn bis zwanzig Jahre Zuwendung und Arbeit. Das ist nichts. Dreieinhalb Minuten Zeugung. Das ist es. Was sind Zuwendung, Versorgung und Verlässlichkeit gegen das Sperma eines Sparkassendirektors?

Die beiden beliebtesten und mächtigsten Fernsehfrauen Deutschlands, die Talkmasterinnen Sandra Maischberger und Sabine Christiansen, haben zwar einen Mann, jede ihren eigenen, jedoch kein Kind. Das wird öffentlich regelmäßig benörgelt, damit das deutsche Mädchen lernt: Beruflicher Erfolg kann für eine Frau nie die Erfüllung sein.

Von den Frauen verlangen SPD und Grüne so ziemlich alles, gegeben wurde fast nichts

Eine Frau ohne Kind ist entweder egoistisch oder eine tragische Figur. Es gab schon immer Frauen, die kein Kind bekommen konnten, und es gibt Frauen, die kein Kind haben aus individuell unterschiedlichen Gründen. Erleben wir zurzeit einen Gebärstreik? Ach wo. Es fehlen bloß Kindergärten und Ganztagsschulen. Vor allem fehlen Männer, die Väter sein wollen.

Nur wenige Männer sind bereit, mit der Frau mitzuwachsen. Es gibt zunehmend tüchtige, im Beruf erfolgreiche junge Frauen, die ein Kind wollen, aber nicht allein, wie ihre feministischen Mütter, sondern mit Mann und zu gleichen Teilen. Bloß finden sie keinen, der das auch so will, der mehr will als Spaß, Sex, Spaß.

Die Frau ohne Kind bestätigt im Grunde nur, was ihr nahezu jeder Vater vorlebt: die Unvereinbarkeit von Familie und Beruf in der deutschen Gesellschaft.