„Absurden Streit um den Text beenden“

Bereits vor zwei Jahren entwarf der israelische Künstler Dani Karavan ein Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma. Gebaut wird es nicht, weil sich die Opfergruppen über die Inschrift streiten. Nun fordert Karavan schnellen Baubeginn

Im Streit um das geplante Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma im Tiergarten hat am Dienstagabend Dani Karavan ein Ende des Gezänks um die Inschrift gefordert. Nur so könne die Blockade für den Bau des Mahnmals beendet und eine „rasche Umsetzung“ desselben angegangen werden, sagte der israelische Künstler bei der öffentlichen Vorstellung seines Entwurfs auf einer Veranstaltung der Akademie der Künste sowie der Stiftung Denkmal am Dienstagabend. Karavan hat zahlreiche Denkmäler geschaffen, darunter in Köln, Nürnberg, Duisburg, Tel Aviv oder Port Bou (Spanien).

Nach Ansicht Karavans sollten die Beteiligten angesichts der Erinnerungsthematik an die NS-Verbrechen nicht Streit, sondern Besinnung walten lassen. Der von ihm entworfene Brunnen spiegle dieses Ansinnen wider.

Karavan plant, ein kreisrundes Wasserbecken mit schwarzem – endlos tiefen – Grund zu errichten. In die Beckenmitte will der Künstler einen Stein platzieren, auf dem eine Rose liegen soll. Immer wenn diese verwelkt ist, soll der Stein in der Beckentiefe versinken und sich dann wieder emporheben – als Ort einer neuen Rose, gleichzeitig Symbol des Lebens, der Trauer und Erinnerung. Rund 3 Millionen Euro soll das Denkmal kosten. Es soll an die 500.000 Sinti und Roma erinnern, die während der NS-Zeit in Konzentrationslagern von der SS ermordet wurden.

Bereits Anfang 2003 hatten sich der Bund, das Land Berlin, der Zentralrat der Sinti und Roma und Karavan selbst auf den Standort südlich des Reichstagsgebäudes, die Gestaltung des Denkmals in Form des Brunnens und die Finanzierung geeinigt. Statt des anvisierten Baubeginns 2004 verhindert aber seither der Streit um die Inschrift die Karavan-Skulptur.

So wehren sich die Sinti und Roma gegen die Bezeichnung „Zigeuner“ auf dem Mahnmaltext. Den hatte der Bund vorgeschlagen. Der Zentralratsvorsitzende Romani Rose kritisierte auch, dass der Text dem Vergleich zwischen dem NS-Völkermord an den Juden sowie jenem an den Sinti und Roma aus dem Weg gehe. Roses Vorschlag für eine Inschrift zitiert statt dessen eine Rede des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog, der diese Gleichsetzung 1997 anerkannt hatte.

Dani Karavans Kurator, der Essener Kunsthistoriker Christoph Brockhaus, forderte gestern, dass an „diesem Ort der Stille und Besinnung“ endlich Frieden einkehren müsse. „Der Streit um den Spruch ist absurd“, sagte Brockhaus. Anstelle des Bundes – in Person von Staatsministerin Christina Weiss – oder des Zentralrats „soll der Künstler wie bei anderen Projekten auch über den Text selbst entscheiden“. Damit wäre der Inschriftenstreit beendet und dem Baubeginn stünde nichts mehr im Wege.

Wie lange der „inhaltliche Abstimmungsbedarf“, so Weiss, noch anhält, war gestern nicht zu klären. Auch ist nicht klar, ob sich alle Sinti und Roma, wie die Sinti-Allianz, hinter die Linie von Romani Rose stellen. Die Sinti-Allianz hatte nach Aussage ihrer Vorsitzenden Natascha Winter kein Problem mit dem Begriff Zigeuner. Karavan sagte dagegen, die Form des Denkmals sei von allen Sinti-Gruppen akzeptiert worden.

ROLF LAUTENSCHLÄGER