Bürgerwehr gegen Einwanderer

Im US-Bundesstaat Arizona wollen ab morgen zunächst einen Monat lang organisierte Bürger die Grenze zu Mexiko gegen illegale Immigranten verteidigen. Sie verstehen ihre Aktion als politischen Protest gegen die Unfähigkeit der Bush-Regierung

AUS WASHINGTONMICHAEL STRECK

Wie einst im Wilden Westen nehmen aufgebrachte Bürger, die sich von den Gesetzeshütern im Stich gelassen fühlen, Ordnung und Sicherheit in den Vereinigten Staaten wieder selbst in die Hand. Statt rauchender Colts und schneller Pferde besitzen sie Nachtsicht- und Funkgeräte, Jeeps und Leichtflugzeuge. Derart ausgestattet durchstreifen sie seit heute die Wüste von Arizona, um die poröse Grenze nach Mexiko zu sichern und illegale Eindringlinge aufzugreifen.

Hier im Südwesten der USA wollen die Freiwilligentrupps des „Minuteman Projects“ nach eigenen Aussagen Augen und Ohren offen halten, um Flüchtlinge aufzuspüren und somit die US-Grenzpolizei zu unterstützen. Ihren Wachdienst begründen sie mit der Unfähigkeit der Bush-Regierung, die Grenze effektiv zu kontrollieren.

James Gilchrist, Gründer der Bürgerwehr, die nach Milizen im amerikanischen Revolutionskrieg benannt ist, bezeichnet ihren Einsatz als dringend notwendig, um die USA vor unkontrollierter Einwanderung zu bewahren. „Wir müssen unsere Heimat schützen, die durch Horden einfallender illegaler Ausländer ausgeplündert wird.“ Nach Auskunft seiner Website (www.minutemanproject.com) haben sich bereits mehr als 1.000 Leute aus allen Teilen des Landes für den Wüsten-Patrouillendienst in Arizona im Monat April angemeldet.

Der Bundesstaat entwickelte sich in den letzten Jahren immer mehr zum Einfallstor für Flüchtlinge aus Zentralamerika, nachdem Kalifornien seine Grenzanlagen in der Vergangenheit massiv verstärkt hat. Von den 1,2 Millionen festgenommenen Menschen, die 2004 versucht hatten, die insgesamt 3.200 Kilometer lange Grenze zwischen Mexiko und den USA illegal zu überqueren, wurden allein in Arizona 40 Prozent aufgegriffen. Die Hobby-Menschenjäger wollen dazu beitragen, dass diese Zahl weiter erhöht wird.

Ihre Wortführer beteuern, ausschließlich unbewaffnet und friedlich auf Streife zu gehen. Doch Bürgerrechtler wie Jennifer Allen vom „Border Action Network“ sind alarmiert und fordern die örtliche Polizei auf, die Aktivitäten der Milizen zu unterbinden. „Sie schüren nur Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“, sagt sie. Auch wenn Verbindungen zu rassistischen Gruppen nicht nachgewiesen werden könnten, werden Vertreter so genannter White Supremacy Groups hinter den Organisatoren vermutet.

Die Grenzpolizei sieht vorerst keinen Handlungsbedarf. Die Trupps hätten ein von der Verfassung verbrieftes Recht, sich friedlich zu versammeln, sagte ein Sprecher. „Noch haben wir keinen Grund anzunehmen, sie würden sich nicht an die geltenden Gesetze halten.“ Kritiker warnen jedoch vor dem Konfliktpotenzial und gewalttätigen Auseinandersetzungen. Situationen, in denen sie Flüchtlinge entdecken, diese daran hindern wollen zu entkommen, solange noch keine Grenzpolizei vor Ort ist, können schnell außer Kontrolle geraten. Die mexikanischen Behörden wittern denn auch eine neue Form der Selbstjustiz und zeigten sich gegenüber ihren US-Kollegen wenig erfreut.

Die Regierung im fernen Washington, erpicht, die abgekühlten Beziehungen zum südlichen Nachbarn wieder zu verbessern, bemüht sich derweilen, der Freizeit-Bürgerwehr den Wind aus den Segeln zu nehmen. Das Heimatschutzministerium kündigte an, 700 neue Grenzschützer nach Arizona zu schicken, so- dass sich ihre Gesamtzahl dort auf 3.000 erhöht. Zudem sollen zusätzliche Aufklärungsflugzeuge die Grenze überwachen helfen.