CDU will Christen verteidigen

Jürgen Rüttgers‘ Äußerungen zur Überlegenheit des Christentums finden in tiefschwarzen Kreisverbänden viele Anhänger. Die postmoderne Beliebigkeit müsse endlich aufhören

von ANNIKA JOERES

Jürgen Rüttgers begeistert die Provinzfürsten: CDU-Kreisverbände aus dem Sauer- und Münsterland freuen sich über die Äußerungen des Landesvorsitzenden zur Überlegenheit des christlichen Menschenbildes. „Unser Primat ist das christliche Menschenbild“, sagt Bernd Schulte, CDU-Vorsitzender des Märkischen Kreises. Rüttgers habe sehr wahr gesprochen, das Christentum sei überlegen. „Aber das katholische und evangelische gleichermaßen“, sagt Schulte, der 21 Jahre lang Abteilungsleiter im evangelischen Kirchenkreis Lüdenscheid war. Über das Menschenbild hat Schulte seine eigene Theorie: „Der Sozialismus hat das Soziale überbetont, der Liberalismus das Individuelle, aber das Christentum verbindet beides.“ Das sei eine Position, die in der CDU sehr verbreitet sei.

50 Prozent der EinwohnerInnen NRWs sind katholisch, in ländlichen Gebieten wie im nördlichen Münsterland und im Sauerland hängen fast hundert Prozent diesem Glauben an. Und dort finden sich auch die strammsten CDU-WählerInnen. Sie haben nichts gegen Rüttgers Auftritte in den Talk-Shows der vergangenen Tagen einzuwenden. „Das ist alles richtig“, sagt Hanswalther Lüttges, Kreisgeschäftsführer in Paderborn. Jeder Gläubige würde seine Religion als überlegen ansehen. Lüttges kann sich auf seine gläubigen WählerInnen verlassen: Die Bischofsstadt ist die einzige Kommune in NRW mit mehr als 100.000 EinwohnerInnen, die seit seit Jahrzehnten die absolute Mehrheit für die CDU holt. „Jeder weiß, dass Rüttgers gläubig ist.“

Wolfgang Aßbrock, Vorsitzender der Herforder CDU, will das Christentum wieder mehr in den Vordergrund rücken. „Ich bin gegen diese postmoderne Beliebigkeit.“ Die Menschen im Lande wollen wieder Werte, glaubt der Leiter des Technologiezentrums Bielefeld. „Fleiß und Zuverlässigkeit zählt.“ Christen müssten ihre Grundsätze wieder stärker verteidigen, gegen Fundamentalisten. „Gegen die islamistischen natürlich.“

Auch Theo Kruse, Landtagsabgeordneter aus Olpe, teilt uneingeschränkt Rüttgers Position. Bei der Frage der Überlegenheit des Christentums über andere Religionen ist er aber moderater. „Wir wollen die anderen Religionen ja nicht in die Ecke stellen.“ Trotzdem sei Religion wichtig, deswegen sei die Abschaffung des Religionsunterrichts, wie in Berlin geplant, mit der CDU nicht zu machen.

Der CDU-Verband Hochsauerlandkreis, seit Jahrzehnten schwarzes Herzland, will die Religionsdebatte nicht anheizen. „Jeder verteidigt sein Menschenbild, logisch“, sagt Vorsitzender Klaus Kaiser. Aber keines sei besser als das andere und alle gingen auf lange Traditionen zurück. „Toleranz ist nicht konfessionell“, sagt Kaiser.

Guido Niermann, Geschäftsführer aus Soest, will nichts zu Rüttgers Äußerungen sagen. Er hat die Schuldigen an der „unsinnigen Debatte“ gefunden: „Die Linken, die Münteferings und so, die haben keine Themen.“