Die Rückkehr des Staatssekretärs

Kuno Böse (CDU) war Staatssekretär in Berlin und Innensenator in Bremen. Seit kurzem fungiert der politische Hardliner als Sicherheitsexperte der Freien Universität. Das stößt unter Professoren auf wenig Gegenliebe

Kuno Böse hat eine lange Karriere hinter sich. Einst war er Vizekanzler der Freien Universität (FU), von 1995 bis 2000 Staatssekretär unter den Berliner Innensenatoren Dieter Heckelmann und Jörg Schönbohm (beide CDU) und später selbst Innensenator in Bremen. Bundesweit hat er sich einen Namen gemacht mit der überhasteten Rückführung der bosnischen Bürgerkriegsflüchtlinge. Jetzt hat sein Lebensweg den CDU-Politiker zurück nach Dahlem geführt. Der 55-Jährige fungiert als Sprecher des „Cluster of Excellence Sicherheit der Freien Universität“.

Der „Informationsdienst Wissenschaft“ der FU bietet Böse als Interviewexperten zu den Themen „Verletzbarkeit einer Gesellschaft“, „Handschrift al-Quaidas“ und „Vergleich der Anschläge in London mit denen in Madrid und New York“ an. Im Hörfunk durfte Böse als „Sicherheitsexperte der FU“ schon den Einsatz der Bundeswehr zum Schutz vor Terrorangriffen fordern.

Doch in der Hochschule stößt der Experteneinsatz zum Teil auf harsche Kritik. Namhafte Professoren hätten erst aus dem Radio erfahren, dass Böse jetzt für ein FU-Projekt tätig ist, erregt sich Peter Grottian, Politologe am Otto-Suhr-Institut. „Es ist der Reputation einer Universität nicht förderlich, wenn ein Mann aus der Verwaltung Sprechers eines Clusters of Excellence ist“, meint Grottian. Eine solch herausgehobene Position müssten Hochschullehrer ausüben. Denn Clusters of Excellence sind herausgehobene Forschungsvorhaben, die über die Fachbereichsgrenzen miteinander vernetzt werden und entscheidend zum Profil einer Universität beitragen. Zudem findet Grottian es befremdlich, dass die Hochschulleitung bei Böses Engagement nicht mit offenen Karten spiele.

Denn die hat ihren öffentlich beworbenen Experten gar nicht auf der Gehaltsliste. „Herr Böse ist kein Mitarbeiter der Freien Universität“, betont Goran Krstin, Sprecher des FU-Präsidiums. Der ehemalige Politiker sei nur ein Berater. „Durch seine Expertise wirkt Böse mit bei der Prüfung und Entwicklung von Forschungsschwerpunkten.“

„Ich hatte mit der FU einen Honorarvertrag“, erklärt Kuno Böse der taz. Der sei inzwischen ausgelaufen. „Um die Forschungs- und Koordinationsarbeit fortsetzen zu können, habe ich EU-Mittel beantragt.“ Das Cluster soll, so Böse, Teile der Charité, der Institute für Toxikologie, Mikrobiologie, Physik, Wirtschafts- und Islamwissenschaften sowie außeruniversitärer Institute zusammenfassen, die sich mit Sicherheitsfragen befassen. Er selbst forsche über Katastrophen- und Zivilschutz. Beteiligt ist etwa Gilbert Schönfelder, der sich am Toxikologie-Institut mit der Sicherheit von Lebensmitteln und des ungeborenen Lebens beschäftigt. „Ich habe keine Probleme, wenn ein ehemaliger Innensenator als Koordinator fungiert“, sagt er.

Kritik kommt aus der Politik. „Kuno Böse stand als Innenpolitiker fest auf Law-and-Order-Positionen. Da würde es mich wundern, wenn er als Wissenschaftler zum Thema Sicherheit objektiv sein könnte“, sagt die PDS-Innenpolitikerin Karin Hopfmann. Der Grünen-Abgeordnete Oliver Schruoffeneger sieht es pragmatischer: „Sicherheitsforschung ist vielleicht nicht das, was Berlin am dringendsten braucht. Aber wenn Herr Böse Gelder akquirieren kann, die nicht aus dem Landeshaushalt stammen, gehört das zur Freiheit der Wissenschaft.“

Zudem läge Böse heute dem Berliner Steuerzahler auf der Tasche, wenn er keinen Job fände. Dem einstigen Vorreiter bei der Kürzung von Sozialleistungen für Bürgerkriegsflüchtlinge steht seit Anfang August ein Ruhegehalt aus seiner Zeit als Staatssekretär zu. Marina Mai