Das andere Moabit

Eine Film-Doku begleitet Jugendliche aus Moabit, die ein Theaterstück einstudieren. Am Mittwoch war Premiere

Der Andrang in der Universal Hall in Moabit ist so groß, dass viele keinen Sitzplatz mehr gefunden haben. Es scheint fast, als ob alle aus dem Kiez zur kostenlosen Premiere des Dokumentarfilms „Moabit Twentyone“ gekommen sind. 15-jährige Migranten mit Baseballcaps stehen dicht gedrängt neben Erwachsenen mit Weinglas in der Hand, ein paar Kinder laufen quer durch den Saal. Vor der Leinwand tritt kurz die Moabiter Rap-Gruppe Kellercrew auf. Dann geht das Licht aus, der Film beginnt.

Über ein Jahr lang hat der aus Chile stammende Filmemacher Atilio Menéndez das Jugendtheaterprojekt „Grenzen-Los!“ mit der Kamera begleitet. Der Film zeigt 85 Minuten lang, wie die jungen Laienschauspieler ihre Inszenierung „Intifada im Klassenzimmer!?!“ planen, entwickeln und aufführen. Das Theaterstück handelt vom Umgang und der Auseinandersetzung mit Antisemitismus und Islamophobie. Aber der Film zeigt auch die Konflikte der Jugendlichen untereinander und mit ihren Familien.

Der 18-jährige Hossein Hamadani, der in dem Stück mitspielt, ist froh, dass so viele Zuschauer gekommen sind. „Das Theaterspielen liegt uns einfach im Blut“, sagt er leger und fügt hinzu: „Wir wollen, dass die Leute sehen, dass nicht alle Moabiter auf Gewalt und Drogen stehen. Dass sie sehen, dass sich hier auch etwas ändert.“

Die Besetzung des Theaterstücks ist bunt gemischt. Die rund 25 beteiligten Jugendlichen sind zwischen 12 und 19 Jahre und alttürkischer, libanesischer, griechischer, italienischer, iranischer und deutscher Herkunft. Schon zwei Preise haben sie für ihr Projekt bekommen.

Regisseur Atilio Menéndez, seit sieben Jahren in Berlin, ist nach der Aufführung mindestens genauso zufrieden wie die Jugendlichen. „Ich bin sehr glücklich mit der Premiere. Wir hatten eigentlich nicht mit so vielen Leuten gerechnet.“

Richtig Zeit, die Premiere zu feiern, haben die Jugendlichen aber nicht. Ihnen steht schon wieder eine neue Herausforderung bevor: Als Nächstes wollen sie das Leben der Holocaust-Überlebenden und Friedensaktivistin Hedy Epstein auf die Bühne bringen. JOHANNES RADKE

„Moabit Twentyone“ läuft heute um 22.00 Uhr im Dokument-Kino, Rungestraße 20