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: Westbank-Rantisi als Israels Faustpfand

Asis Dweik stand schon vor vier Wochen auf Israels Liste der zu verhaftenden Hamas-Politiker. Offenbar war der palästinensische Parlamentssprecher vorgewarnt und verließ sein Haus noch vor der Razzia. Gestern hat es ihn dann doch erwischt. „Er ist der Kopf des Hamas-Parlaments“, rechtfertigte ein Armee-Sprecher. „Solange die Hamas eine Terrororganisation ist, bleibt er Ziel für Verhaftungen.“

Als die Soldaten mitten in der Nacht klopften, habe Dweik noch im Schlafanzug geöffnet, berichtet seine Frau. Für den 58-jährigen siebenfachen Vater sind Verhaftungen nichts Neues. Fünf Gefängnisaufenthalte, die sich zu insgesamt vier Jahren addieren, hatte er schon hinter sich, als er Ende 1992 mit rund 400 Hamas-Mitgliedern ins Niemandsland nördlich der israelisch-libanesischen Grenze deportiert wurde. Eine Strafaktion von Premier Jitzhak Rabin für die Ermordung zweier Soldaten.

Über ein Jahr lang verharrten die des Landes verwiesenen Männer in ihrer Zeltstadt. Seite an Seite mit dem vor zwei Jahren von Israel exekutierten Hamas-Chef Abdel Asis Rantisi avancierte Dweik damals zum Sprecher der Deportierten, was ihm den Spitznamen „Westbank-Rantisi“ einbrachte. Hilfreich gegenüber der internationalen Presse waren ihm dabei seine Englisch-Kenntnisse, die er sich während seines achtjährigen Studienaufenthaltes in Philadelphia erwarb.

1988, gleich nach der Rückkehr aus den USA, landete er in den Händen israelischer Sicherheitskräfte, die ihn aufgrund seiner Hamas-Mitgliedschaft und seiner Hetzreden festhielten. Souverän in westlichen Umgangsformen, erklärt Dweik, warum er „nicht das Recht dazu habe, Bin Laden zu verurteilen“. Im Gegenteil respektiert Dweik den „Kämpfer für die islamische Sache“.

Der Wahlsieg der Hamas überraschte ihn wenig. „Das ist, was passiert, wenn Völker die freie Wahl bekommen.“ Der Säkularismus sei ein Importartikel, wogegen „der Islam ein praktischer und idealistischer Weg zu leben“ ist. Nur kurz im Amt, sieht der Parlamentssprecher ein, dass man früher oder später zwischen Politik und Ideologie unterscheiden müsse. Regierungschef Ismael Hanijeh rief er dringend auf, die Pressefreiheit zu schützen.

Zwar plädiert der bis zu seiner Nominierung ins Parlament an der Universität von Nablus tätige Geografieprofessor für einen Waffenstillstand, dennoch möchte er den vor rund sechs Wochen entführten israelischen Soldaten Schalit ungern auf freiem Fuß sehen, bevor nicht auch palästinensische Häftlinge freikommen. „Auge um Auge“, argumentiert der Parlamentssprecher, der nun selbst als Faustpfand herhalten muss. SUSANNE KNAUL