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: Beim nächsten Anpfiff ist alles vergessen

Eufemiano Fuentes soll nicht nur Radfahrern, sondern auch Fußballern schnelle Beine gemacht haben – oder auch nicht

„Nein, Nein, Nein und Nein.“ Ob die Sportzeitung Marca oder das Volk am Stammtisch, Spaniens Fußballwelt ist sich einig im Trotz. Die Enthüllungen der französischen Tageszeitung Le Monde, der Lieblingsarzt der Radfahrprofis, Eufemiano Fuentes, habe mit seinen Methoden auch den Kickern der Primera División Flügel verliehen, sei nichts weiter als eine üble Verleumdung. „Sie sollen uns in Ruhe lassen“, prangte am Wochenende in großen Lettern auf der Titelseite einer iberischen Sportgazette.

Spanien schließt die Reihen. Schließlich stammen die Vorwürfe vom Lieblingsfeind der Nation, den Franzosen. Es kam noch nie etwas Gutes von der anderen Seite der Pyrenäen, seit Napoleons Truppen Anfang 19. Jahrhundert in Spanien einfielen. Alle Jahre wieder feiert die Hauptstadt Madrid, wie das Volk den Invasor bezwang, um freiwillig zurückzugehen in den dunklen, monarchistischen Alltag.

Dieser Nationalstolz bestimmt auch den Fußball. Waren es doch die „gabachos“, die bei der WM den von der Presse zu Top-Favoriten hochstilisierten spanischen Jungs zeigten, wo der Bus zur Heimfahrt steht.

Alles Verleumdung also. Denn die Lieblingsjungs der Nation sind richtige Kerle. Sie rennen ohne Mittelchen. Der Stolz auf das Trikot reicht, um sie anzuspornen. Auch wenn die Franzosen so etwas nicht verstehen und deshalb lügen. Der Beweis: Dopingarzt Fuentes hat seine Aussagen umgehend zurückgenommen: „Die Anschuldigungen sind sehr schwerwiegend, ich dementiere sie, weil nichts daran sicher ist.“ Ob der Widerruf mit Angst zu tun hat? Fuentes hatte kurz zuvor in Le Monde erklärt, er sei dreimal mit dem Tode bedroht worden, sollte er Namen von Real Madrid und FC Barcelona nennen. „Es gibt Sportarten, mit denen kann man sich nicht anlegen, weil sie eine übermächtige Maschinerie haben, um sich zu verteidigen“ – wie wahr, Señor Fuentes.

„Wir nehmen nichts, um unsere Form zu verbessern“, erklärte Real-Madrid-Star Ronaldo umgehend. Wer „das Dickerchen“ über den Platz schleichen sieht, ist gewillt, dies zu glauben. Der Vorstand des „besten Clubs der Welt“ droht Le Monde gar „rechtliche Schritte einzuleiten, falls dies notwendig werde“. Der aktuelle spanische Meister und Sieger der letztjährigen Champions League, der FC Barcelona, schließt sich dem an. Es bleibt erst einmal bei der Willensbekundung. Vielleicht, weil Le Monde behauptet, Dokumente in der Hinterhand zu haben, die alles belegen.

Wer glaubte, die Aufregung würde lange anhalten, kennt Spanien nicht. Schon beim nächsten Anpfiff war alles vergessen. Da rannten sie wieder, die Spieler der „Liga der Stars“, der „besten Meisterschaft der Welt“. Sauber, ohne Doping … weil eben nicht sein kann, was nicht sein darf.

REINER WANDLER