Wissenschaftler warnen vor dem Klimaschock: Australiens Naturschätze in Gefahr

Australien droht eine Umweltkatastrophe größten Ausmaßes, wenn das Land nicht sofort Schritte zur Bekämpfung des CO2-Ausstoßes unternimmt, so eine Studie.

CANBERRA taz Das Bild, das Professor Ross Garnaut in seinem Bericht zeichnet, ist niederschmetternd. Wenn Australien nicht sofort drastisch den Ausstoß von Treibhausgasen reduziere, sei das Große Barriereriff an der Ostküste im Jahr 2050 tot. Sogar mit einschneidenden Maßnahmen zur Reduktion des CO2-Ausstoßes könne das größte zusammenhängende Lebewesen auf dem Planeten möglicherweise nicht mehr gerettet werden. Auch dem Kakadu-Nationalpark im tropischen Norden des Fünften Kontinents droht das Ende: Das Naturparadies von Weltbedeutung werde bis Mitte des Jahrhunderts vom steigenden Meeresspiegel überflutet. Und auf den Skipisten im Süden werden in Zukunft auch im Winter Blumen blühen.

Falls überhaupt noch etwas wächst: Australien ist schon heute der trockenste Kontinent der Welt, nach der Antarktis. Ein signifikanter Anstieg der Durchschnittstemperaturen wird dazu führen, dass große Landstriche auch für die Landwirtschaft zu heiß sein werden. Die Agrarwirtschaft im Gebiet der Flüsse Murray und Darling, in dem 40 Prozent der australischen Landwirtschaft beheimatet ist, könnte bis 2100 um 92 Prozent schrumpfen.

Das Papier des renommierten Wirtschaftsprofessors ist der zweite Bericht in einer Dreierserie, die der australische Premierminister Kevin Rudd als Grundlage für seine künftige Umweltpolitik angefordert hat. Australien ist pro Kopf einer der größten Atmosphärenverschmutzer der Welt. Ende September soll der Abschlussbericht veröffentlicht werden. Garnaut ließ keine Zweifel darüber aufkommen, dass sich die Australier umgewöhnen müssen. Er empfiehlt der Regierung die Einführung eines Emissionshandels bis 2010. Fast alle Sektoren der Wirtschaft sollen in Zukunft dafür bezahlen müssen. Die Hälfte der Einnahmen aus dem Zertifikatehandel sollen laut Garnaut für Steuernachlässe verwendet werden. Damit könnten die zwangsläufigen Preiserhöhungen gelindert werden.

Trotzdem werden Australier in Zukunft stärker zur Kasse gebeten. Während die Kosten für Treibstoffe als Folge des Emissionshandels relativ wenig steigen dürften, könnte die Stromrechnung in die Höhe schnellen. Australien genießt die günstigsten Strompreise unter den Industrieländern. Ganze Wirtschaftszweige existieren nur dank des Zugangs zu billiger Energie. Im australischen Boden liegt ein fast endloser Reichtum an Kohle, die zu Strom verbrannt wird.

Es ist zu erwarten, dass es gegen Pläne einer baldigen Einführung viel Widerstand von Industrieseite geben wird. Die Kohle- und Energiewirtschaft fordert die Aufschiebung des Beginns des Emissionshandels auf das Jahr 2012. Dieses Datum ist Umweltschützern zu spät. Auch Garnaut ruft zum sofortigen Handeln auf. Die Energieindustrie kann mit der Unterstützung der konservativen Opposition rechnen. Sie will warten, bis auch große Verschmutzer wie China ihre Emissionen reduzieren. In solche Schwellenländer exportiert Australien den Großteil seiner Kohle.

Die frühere konservative Regierung unter dem damaligen Premierminister John Howard hatte den Klimawandel jahrelang negiert und Klimaexperten diffamiert. Erst Howards Nachfolger Kevin Rudd und dessen Laborpartei ratifizierten nach ihrem Wahlsieg Ende letzten Jahres das Kioto-Protokoll zur Reduzierung der Treibhausgase. Seither hat sich Rudds Position in der Frage der Schadstoffverminderung aber zunehmend in Richtung der Industrie gewandelt. So will er jetzt auf sogenannte Saubere-Kohle-Technologie (CCS) setzen, die das Absaugen von CO2 in Kohleverbrennungsanlagen vorsieht. Das Gas soll dann im Boden endgelagert werden. Selbst optimistische Wissenschaftler meinen, solche Technologien seien frühestens in 20 Jahren kommerziell einsetzbar.

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