Panne in der Atomenergiebehörde: Plutoniumbehälter geplatzt

Eine Flasche mit einer Plutoniumprobe platzt im Labor der Internationalen Atomenergiebehörde. Peinlich, denn schon länger wird die Einrichtung als technisch veraltet kritisiert.

Hantieren mit gefährlichen Proben: Labor der Internationalen Atomenergiebehörde. Bild: ap

In einem Labor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) in der Nähe von Wien ist am Wochenende Plutonium ausgetreten, wie die UNO-Institution am Sonntagabend mitteilte. Der radioaktive Stoff, der schon in Konzentrationen von einigen Millionstel Milligramm Krebs auslösen kann, war in einer Flasche aufbewahrt worden, die in einem der Labors zerplatzte. Die Flasche war in einem Tresor im Hochsicherheitsbereich untergebracht.

Reflexartig beeilte sich das österreichische Umweltministerium gestern zu betonen, dass Umwelt und Menschen durch den Unfall nicht gefährdet seien, da die Strahlung innerhalb des Sicherheitsbereichs der Anlage geblieben sei. Ein erhöhter Plutoniumwert sei nur in jenem Raum, in dem die Flasche aufbewahrt gewesen sei, sowie in zwei weiteren Räumen festgestellt worden. Nach Angaben des Umweltministeriums zeigten die Messstellen in der Region keine erhöhte radioaktive Strahlung an.

Die genauen Ursachen des Vorfalls waren gestern jedoch noch unklar. Zum Zeitpunkt des Zwischenfalls in der Nacht zum Sonntag habe sich niemand in dem Labor aufgehalten, sagte ein Sprecher der Atomenergiebehörde. Somit könne ausgeschlossen werden, dass jemand sich illegal an dem hochgefährlichen Stoff zu schaffen gemacht habe.

Die IAEO verwahrt in ihren Labors Stoffproben aus Staaten, die im Verdacht stehen, geheime Atomwaffenprogramme zu betreiben. Es sind zumeist einige Gramm, die den betreffenden Anlagen entnommen werden, um sie anschließend in Österreich zu analysieren. Denn aus der Zusammensetzung der Proben lassen sich Rückschlüsse auf angewandte Verfahren und damit auch auf die Intentionen der jeweiligen Staaten ziehen.

Überwiegend dürften die Proben aus pulverförmigem Plutoniumoxid bestehen, sagt Christian Küppers, Nukleartechniker am Öko-Institut in Darmstadt. Andere denkbare Formen von Plutoniumverbindungen seien Nitratlösungen oder metallische Substanzen. Eine Explosion einer Flasche mit Plutonium sei durchaus denkbar: Wenn das Strahlenmaterial in den Flaschen sich durch den radioaktiven Zerfall verändert und mit anderen Inhaltsstoffen reagiert, könne ein Gas freigesetzt werden, zum Beispiel Wasserstoff. Dieses kann dann zu einem Überdruck führen und die Flasche zum Bersten bringen.

Die IAEO war gestern um Beruhigung der Öffentlichkeit bemüht: Das Labor habe mehrere Sicherheitssysteme, unter anderem einen Filter zur Entfernung von radioaktiven Partikeln aus der Abluft. Zudem werde der Plutoniumgehalt im Labor ständig gemessen. Dieses System schlage bei Abweichungen vom Normalwert Alarm, was auch bei dem Vorfall am Sonntag der Fall gewesen sei.

Doch die Anlage in Seibersdorf südlich von Wien auf dem Gelände des Austrian Research Centers gilt längst als technisch veraltet, sie stammt noch aus den Siebzigerjahren. IAEO-Generaldirektor Mohammed al-Baradei hatte bereits im vergangenen November eingeräumt, dass die Technik nicht mehr den aktuellen Sicherheitsstandards der Vereinten Nationen entspreche.

Eine ernste Warnung, doch geändert hat sich seither nichts. Ein fatales Versäumnis: Plutonium ist der problematischste Stoff, den die Industriegesellschaften erzeugen und nutzen. Erstens ist die Substanz hochgiftig, zweitens führen schon winzige Mengen beim Menschen zu einer tödlichen Strahlendosis, drittens ist es mit einer Halbwertszeit von mehr als 24.000 Jahren sehr langlebig, und viertens kann es als Ausgangsstoff für Atombomben dienen.

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