„Wir fassen das konto der omi nicht an“

Dass die betroffenen nicht über das Hartz-gesetz informiert sind, ist die ursache der montagsdemos, sagt Wolfgang Meyer, geschäftsführer der agentur für arbeit in Magdeburg. An grundsätzliche änderungen der gesetze glaubt er nicht

taz: Herr Meyer, als chef einer agentur für arbeit setzen sie die Hartz-IV-regelungen um. wogegen demonstrieren die menschen?

Wolfgang Meyer: Viele der demonstranten sind nicht richtig informiert. Die wissen nicht genau, was Alg II ist. Wir leisten da viel aufklärungsarbeit.

Scheint angesichts von 12.000 demonstranten kaum zu funktionieren. Müssen sie die menschen nicht noch besser informieren?

Ja klar. Das machen wir auch. im prozess von Hartz IV waren die turbulenzen recht groß. Die politik hat gesagt, wir müssen sehr strikt vorgehen. Das heißt, das vermögen angucken und so weiter. Die öffentliche auseinandersetzung wurde dabei auf einige punkte verknappt, und das hat die bürger verunsichert.

Die menschen gehen also auf die straße, weil sie nicht genügend informiert sind?

Teils stellen viele leute forderungen, die schon gelöst sind. Teils aber geht es gar nicht um Hartz IV: Sie demonstrieren, weil sie generell vor arbeitslosigkeit angst haben. Wir müssen sie aufklären, damit sie wissen, dass wir sie nicht schikanieren. Das kann man von Berlin aus nicht leisten – sondern nur vor ort.

Dann müssten sie auf den demos reden oder einen info-stand aufbauen?

Vor 10.000 menschen auf dem domplatz bekommt man das nicht rüber. Auch ein info-stand würde nicht funktionieren. In unserern häusern werden die menschen wesentlich besser beraten.

Lassen die bürger ihren hass auf die regierung auch an ihnen aus?

Ich erfahre bei der agentur keinen hass. Bei den demonstrationen geht es um arbeit und ausbildung. und dafür arbeitet die agentur – wir können mit den menschen reden. Deswegen brauche ich auch keinen wachschutz.

In der von ihnen eingerichtete anlaufstelle für die Alg-II-anträge haben sie jedoch einen wachmann …

Ich habe mich über die berichterstattung dazu wahnsinnig erschrocken. Einen solchen wachschutz haben wir von dem sozialamt übernommen, wo es ihn schon länger gibt. Wir in der agentur haben aber kein problem mit gewalt. die mitarbeiter sind für deeskalierende gespräche geschult.

Wie gehen sie mit aufgebrachten betroffenen um?

Wir sagen oft: sie müssen die dinge, die sie hören, mit vorsicht genießen. Das sparkonto, das die omi füllt und das innerhalb der freibeträge liegt, fassen wir genau so wenig an wie die datschen. Danach verläuft das gespräch ruhig.

Wie viele mitarbeiter stellen sie ein, um Alg II den menschen nahe zu bringen?

Wir sehen weit über 100 mitarbeiter vor, die auf die stadtbezirke aufgeteilt sind. So haben wir die nähe zu den kunden.

Im kanzleramt wurde gestern abend darüber beraten, Hartz IV in einigen details nachzubessern. Befürchten sie, den betroffenen bald alles neu erklären zu müssen?

Nein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine grundsätzlich andere regelung geben wird. Es könnte nur sein, dass zum beispiel etwas bei den kapitalversicherungen geändert wird. Dann würden wir bloß die anträge entsprechend anders bewerten.

INTERVIEW: SASCHA TEGTMEIER