Job-Weiterbildung: Arbeitslos, aber zu reich fürs Lernen

Erwerbslose Frauen, deren Partner zu viel verdient, bekommen von den Arbeitsagenturen kein Geld und wenig Fortbildung. Trotzdem hat ein spezielles Weiterbildungsangebot wenig Zulauf.

Bild: DPA

Frau Hoffmann aus Lichtenberg ist Gattin - das ist Glück und Fluch zugleich für sie. Seit eineinhalb Jahren ist die 51-jährige Bürokauffrau arbeitslos. Erst in dieser Woche war sie wieder bei der Arbeitsagentur - ohne Erfolg. Es gebe weder Arbeit noch Weiterbildungen für sie, wurde ihr mitgeteilt. "Ich falle dort total raus", klagt sie. Ihr Pech ist, dass ihr Mann, der selbstständig ist, rund 2.700 Euro netto verdient. Deshalb gilt Frau Hoffmann im Amtsjargon als Nichtleistungsempfängerin und muss sich bei Weiterbildungen und Arbeitsangeboten hinten anstellen.

Wie viele Frauen in Berlin davon betroffen sind, ist offiziell nicht dokumentiert. Aber das seien nicht wenige, sagt Nelly Schlosser, Beauftragte für Chancengleichheit der Arbeitsagentur Berlin-Brandenburg. Für ein kinderloses Ehepaar etwa, das sich eine Wohnung mit gesetzlich vorgeschriebener Höchstmiete teilt, beträgt der errechnete Bedarf monatlich 1.068 Euro. Verdient der Mann 200 bis 250 Euro über diese Grenze, geht die Frau leer aus.

Speziell für diese Frauen bietet der Bildungsträger Goldnetz nun kostenlose Weiterbildungen an. Die Senatsverwaltung für Arbeit und Frauen hat dafür Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds in sechststelliger Höhe bewilligt. Damit wird den Frauen die Teilnahme an Kursen ermöglicht, die ins Call-Center, Büro oder in die Selbstständigkeit führen sollen. "Das sind alles Bereiche, die in Berlin boomen", sagt Stefanie Lippelt von Goldnetz.

Frau Hoffmann etwa hat sich für den Kurs "Haushaltsnahe Dienstleistungen" eingeschrieben. Sie will sich als Gesellschafterin für alte, einsame Menschen selbstständig machen. "Ein bisschen Angst habe ich schon davor. Aber mir bleibt ja keine Alternative." In einem Jahr habe sie von der Arbeitsagentur gerade mal ein Arbeitsangebot bekommen. Weiterbildungen seien ihr gar nicht angeboten worden.

Dies widerspricht eigentlich dem offiziellen Kurs der Arbeitsagentur. "Auch Arbeitslose, die keine Leistungen beziehen, haben die Möglichkeit, gefördert zu werden", sagt Nelly Schlosser von der Agentur. 10 Prozent der angebotenen Qualifizierungsmaßnahmen sollen auch arbeitslosen Menschen ohne Arbeitslosengeld zugutekommen. Das heißt, sie bekommen Fahrtkosten und Kursgebühren erstattet. Immer vorausgesetzt, dass die Maßnahme im konkreten Fall sinnvoll sei, merkt Schlosser jedoch an. Ob sie sinnvoll ist, darüber entscheidet der oder die jeweilige Sachbearbeiterin.

Frau Hoffmann war für ihre Bearbeiterin offenbar ein hoffnungsloser Fall. Als sie von dem Kursangebot bei Goldnetz las, schrieb sie sich deshalb, ohne zu zögern, ein. "Ich habe ja keine andere Wahl: Frauen in meinem Alter finden keine Stelle mehr." Außerdem freue sie die Aussicht, mal wieder unter Leute zu kommen.

Doch zwei Monate vor Kursstart herrscht bei Goldnetz noch Ratlosigkeit: Gerade mal 20 Frauen haben sich für einen der 120 Plätze beworben. Woran das liegt, darüber kann Lippelt nur spekulieren: "Die Flyer liegen zwar in den Jobcentern aus. Aber meistens gehen die Frauen, die wir erreichen wollen, gar nicht mehr dorthin."

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