Kampf gegen Rechts: Schläger bleiben auf rechtem Weg

Laut einer Studie der Uni Potsdam werden 70 Prozent der rechtsextremen Gewalttäter rückfällig - und prügeln trotz Bewährungsstrafe weiter. Politik will härter durchgreifen.

Einmal dumpf, immer dumpf: Nazis in Halbe. Bild: AP

Eine Gruppe Jugendlicher am Badesee, viel Alkohol und Provokationen, die schließlich in Gewalt gipfeln. Diese Verkettung ist laut einer Studie, die im Auftrag des brandenburgischen Justizministeriums erstellt wurde, bei rechtsextremer Gewalt eher Regel denn Ausnahme.

Eine Verkettung, die sich zudem wiederholt. Zwei von drei zu Bewährungsstrafen verurteilte Straftäter werden wieder einschlägig rückfällig. Sie gehen also erneut aus rassistischen, fremdenfeindlichen oder antisemitischen Motiven gegen andere Personen vor. Laut der Untersuchung des Familienforschungsinstituts der Uni Potsdam über jugendliche rechtsextreme Gewalttäter kam es bei 79 untersuchten Fällen in 54 zu erneuten Übergriffen.

"Viele der Täter sehen die Bewährungsstrafe als Freispruch zweiter Klasse", sagte Beate Blechinger (CDU), die Justizministerium Brandenburgs, am Donnerstag. Die jungen Rechten gingen wieder in ihr normales soziales Umfeld und machten einfach weiter wie vorher. Die Folge: weitere Straftaten statt Resozialisierung, so Blechinger. Vorrangig müsse deshalb darauf geachtet werden, dass sich die Straftäter von ihrer alten Umgebung distanzieren und entsprechende Auflagen einhalten.

Der Studie zufolge gehen fast 78 Prozent der rechtsextremen Taten von Gruppen aus. In 86 Prozent der Fälle war zudem Alkohol im Spiel. "Das soll allerdings keine Entschuldigung für die Taten sein", betonte Brandenburgs Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg. Alkohol sei vielmehr Teil eines bestimmten Lebensstils. Rautenberg verwies darauf, dass 80 Prozent der Gewalttaten in den Sommermonaten März bis August stattfanden. Diese Badeseekriminalität nannte er als Beispiel einer "verachtenswerten Freizeitgestaltung".

Brandenburg will deshalb künftig konsequenter durchgreifen: Damit die erste Bewährungstrafe nicht der Ausgangspunkt für eine rechtsextrimistische Gewaltkarriere wird, sollen Auflagen stärker kontrolliert und schneller Sanktionen bis hin zum Widerruf der Bewährung folgen. "Es ist wichtig, dass dem Täter die Strafe deutlich wird", sagte Blechinger. Derzeit arbeiten 110 Bewährungshelfer für das Land Brandenburg. Blechinger räumte ein, dass diese "in vergangenen Jahren überlastet waren." Indem Aufgaben an andere soziale Träger übertragen wurden, hätte sich die Situation jedoch entspannt.

"Mein Eindruck ist, dass es keine Ressourcen für zusätzliche Kontrollen mehr gibt", sagt dagegen Dominique John von der Opferperspektive Brandenburg. Härtere Strafen gegen rechte Gewalttäter lehnt er ab, begrüßt allerdings den Ansatz, vor allem zu Beginn der Bewährung strenger zu kontrollieren. John bezweifelt, dass es für Jugendliche in Brandenburg überhaupt möglich ist, sich rechten Gruppen zu entziehen. In vielen Gegenden gäbe es nämlich keine andere Jugendkultur, wäre die einzige Wahl somit "entweder bei den Rechten mitmachen oder wegziehen." Die Opferperspektive zählte allein im vergangenen Jahr fast 140 rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten in Brandenburg. "Die Zahl hat sich auf diesem Niveau eingepegelt."

Staatsanwalt Rautenberg sagte, die meisten der Gewalttaten hätten keinen ideologischen oder staatsfeindlichen Hintergrund, sondern würden vorrangig "Gewaltbereitschaft verbrämen". Die Opfer-Auswahl erfolge nicht zufällig. "Das sind normalerweise nicht Nachbarn, sondern andersartig Aussehende."

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