Abschiebung: Letzte Hoffnung Härtefallkommission

Einer im Iran zum Tode verurteilten lesbischen Frau droht nach Ablauf ihrer Duldung die Abschiebung. LSVD und Grüne rufen zum Protest vor dem Amtssitz des Innensenators auf. Dem sind nach eigener Auskunft die Hände gebunden.

Homosexuelle Flüchtlinge stehen im Regen Bild: AP

Mit einer Kundgebung vor dem Amtssitz von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) will der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) heute Nachmittag gegen die drohende Abschiebung einer Iranerin protestieren. Weil sie lesbisch ist, war die Frau in ihrer Heimat zum Tode verurteilt worden; ein Asylantrag, den sie in Deutschland stellte, wurde abgelehnt. Auch die Grünen kritisieren die drohende Abschiebung und rufen zur Teilnahme an der Demonstration auf.

Weil sie sich zu ihrer Homosexualität bekannt hatte, war die Iranerin von einem islamischen Gericht zum Tod durch Steinigung verurteilt worden. Im vergangenen Jahr floh sie nach Deutschland, wo sie Asyl beantragte. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg zog die Geschichte der Frau in Zweifel und verlangte Belege für ihre Homosexualität. "Grundsätzlich gehen Behörden davon aus, dass Menschen heterosexuell sind", sagt dazu Renate Rampf vom LSVD. "Aber die Forderung, das Gegenteil zu beweisen, ist eine Zumutung."

Die Ablehnung begründete das Amt damit, dass die im Iran lebende Mutter der Antragstellerin in einem Telefongespräch bestritten habe, dass ihre Tochter lesbisch sei. "Es ist infam, bei der Mutter anzurufen und so auch noch die Familie in Gefahr zu bringen", sagt Rampf. Auch vielen deutschen Familien falle es bis heute schwer, zu homosexuellen Kindern zu stehen. "Wie soll eine Mutter reagieren, in deren Land auf Homosexualität die Todesstrafe steht?"

Weil sie über die Türkei nach Deutschland eingereist ist, würde die Iranerin in das "sichere Drittland" Türkei abgeschoben. Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Anja Kofbinger, findet aber auch das höchst problematisch: Die Frau müsse dort mit Repressionen rechnen, weil sie sich als Lesbe offenbart hat und gegenüber Medien geäußert hat, sie wolle in keinem islamischen Land leben. Auch eine spätere Abschiebung in den Iran sei nicht völlig ausgeschlossen. Kofbinger: "Das ist schon ein guter Grund, um Nein zur Abschiebung zu sagen."

Körting selbst will den Fall nicht kommentieren. Der Senator sei an den Bescheid aus Nürnberg gebunden, sagte Sprecherin Nicola Rothermel. Die Duldung laufe erst zum Jahresende aus, zur sofortigen Abschiebung werde es nicht kommen. Wesentlich verändern könne sich die Situation aber nur, wenn die Betroffene die Härtefallkommission anriefe. Tatsächlich ist der Gang zur Härtefallkommission praktisch der letzte Ausweg für die Iranerin. Nach einem gescheiterten Einspruch gegen die Ablehnung des Asylantrags ist zurzeit noch ein Eilantrag am Verwaltungsgericht anhängig - mit einer positiven Entscheidung rechnet die Anwältin der Frau aber nicht.

Auch Anja Kofbinger verweist auf die Härtefallkommission, gibt aber zu bedenken, dass das Gremium lediglich eine Empfehlung aussprechen kann. Rechtlich bindend für Körting sei diese in keinem Fall. So sei auch im März dieses Jahres eine 21-jährige Kurdin trotz einer gegenteiligen Empfehlung der Kommission in die Türkei abgeschoben worden, wo ihr eine Zwangsverheiratung drohte. Erst im Mai erkannte der Innensenator dann "humanitäre Gesichtspunkte", die eine Aussetzung der Abschiebung rechtfertigten. Die junge Frau konnte daraufhin nach Berlin zurückkehren.

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