Jüdische Gemeinde: Eine Kandidatur, die Unruhe schafft

Am 25. November finden in der Jüdischen Gemeinde Wahlen statt. Der bisherige Vorsitzende Gideon Joffe hat seinen einstigen Helfer Arkadi Schneiderman gegen sich - und Stephan Kramer, Generalsekretär des Zentralrats der Juden.

Die Neue Synagog in Berlin-Mitte Bild: AP

In der Jüdischen Gemeinde der Hauptstadt formieren sich die Gruppen, die zu den Wahlen am 25. November antreten - und die Liste Atid (hebräisch für "Zukunft") kann mit einer ordentlichen Überraschung aufwarten: Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan J. Kramer, hat angekündigt, sich für diese Vereinigung aufstellen zu lassen. Damit gehört Kramer zu den aussichtsreichen Kandidaten um den Vorsitz der Gemeinde, den Gideon Joffe 2005 von Albert Meyer übernommen hatte.

Die Kandidatur Kramers war von einigen Turbulenzen begleitet gewesen, da der 39-Jährige sein Vorhaben nicht mit dem Präsidium des Zentralrats unter Charlotte Knobloch und ihren Stellvertretern Salomon Korn und Dieter Graumann abgesprochen hatte. Kramer selbst verbreitete gestern eine Erklärung, in der die drei Spitzenleute betonten: "Diese Kandidatur ist mit uns nicht abgestimmt." Wie Graumann der taz sagte, deutet diese Distanzierung jedoch nicht auf ein zerrüttetes Verhältnis zwischen Präsidium und Generalsekretär hin, sondern solle lediglich hervorheben, dass Kramer nicht ein offizieller Kandidat des Zentralrats sei. Der Zentralrat mische sich nämlich nie in solche Angelegenheiten der einzelnen Gemeinden ein, unterstrich Graumann.

Wie auch immer, mit der Kandidatur Kramers zeichnet sich jedenfalls ab, wo die Fronten im Machtkampf um die Gemeindespitze in etwa verlaufen. Am auffälligsten ist dabei, dass das Bündnis von Joffe mit Arkadi Schneiderman offensichtlich zerbrochen ist: Beide kandidieren auf unterschiedlichen Listen für den Gemeindevorsitz. Auch ist nicht mehr ausgemacht, dass Schneiderman erneut die Mehrheit der "russischen" Stimmen auf sich vereinigen kann. Denn seiner Liste "Tacheles" steht eine Gruppe russischsprachiger Kandidaten gegenüber, die den Namen "Neue Namen" trägt. Etwa 80 Prozent der Gemeindemitglieder stammen aus den Ländern der GUS.

Unübersichtlich wird das Tableau zudem durch Einzelkandidaten, von denen einer ein alter Bekannter ist: Alexander Brenner, der vor Albert Meyer den Gemeindevorsitz innehatte. "Ich war schon immer allein", kommentierte der frühere Diplomat seine Einzelkandidatur. Wer Chancen habe, Gemeindechef zu werden, sei sehr schwer abzusehen: "Da können sich noch einige heilige und unheilige Allianzen bilden", sagte Brenner.

Auch anderen Beobachtern der Gemeinde fällt es schwer, Prognosen über den Wahlausgang zu treffen. Der jüngst emeritierte Julius Schoeps vom Moses-Mendelssohn-Zentrum in Potsdam spricht für viele, die sich ob der vielen Schlammschlachten aus dem Gemeindeleben zurückgezogen haben und daran zweifeln, ob überhaupt viele zur Wahl gehen werden. "Es war nicht mehr zum Aushalten", sagt Schoeps.

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