Bußgeld für Schulschwänzer

Wer die Schulferien seiner Kinder ungenehmigt verlängert, kann mit Bußgeldforderungen bestraft werden. Doch heute dürfen muslimische Kinder ausnahmsweise fehlen - weil das Zuckerfest beginnt.

Schwänzen kostet: In Neukölln werden Bußgelder verteilt, wenn Eltern ihre Kinder aus der Schule nehmen - etwa um einen billigeren Flug in die Ferien zu nehmen Bild: AP

Schulkinder, die am heutigen letzten Schultag vor den Herbstferien zu Hause bleiben, haben nichts zu befürchten. Sie haben sogar die offizielle Lizenz des Bildungssenators zum Blaumachen - jedenfalls wenn sie Muslime sind. Denn heute, am ersten Tag des Zuckerfestes am Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan, dürfen muslimische SchülerInnen dem Unterricht fernbleiben - ganz offiziell.

Nach Ferienende müssen sie aber wieder pünktlich die Schulbank drücken - sonst droht Ärger. Denn nicht immer hat es den Segen von ganz oben, wenn SchülerInnen bereits vor Beginn der Ferien aus den Klassenzimmern verschwunden sind oder später zurückkommen. Wer seine schulfreie Zeit über die offiziellen Ferientermine hinaus verlängern möchte, muss das genehmigen lassen - von der Schule oder in Fällen längerer Abwesenheit sogar vom Schulamt. Gründe für eine solche Unterrichtsbefreiung können wichtige Familienfeste, außerschulische Bildungsveranstaltungen, Sprachreisen oder auch Sportwettkämpfe sein. Was geht, liegt in der Regel im Ermessen der Entscheider. In Berlin sind diese angehalten, gerade bei Anträgen auf Beurlaubungen vor und nach den Schulferien besonders streng zu sein. Günstigere Reisekosten außerhalb offizieller Ferienzeiten gelten nicht als Begründung.

Viele Eltern ficht das allerdings nichts an. "Wir könnten manche Klasse schon zwei Wochen vor den Sommerferien schließen", sagt etwa Klaus Hartung, Leiter der Neuköllner Karl-Weise-Grundschule. Dabei erteilt er Genehmigungen nur, wenn Eltern mit Bescheinigungen ihrer Arbeitgeber beweisen, dass sie ihre Ferien tatsächlich nicht anders planen können. Wer seine Kinder ungenehmigt nicht zur Schule schickt, muss in Neukölln sogar mit Bußgeldern rechnen.

87 Bußgeldbescheide wegen ungenehmigter Schulversäumnisse hat der Bezirk laut Bildungsstadtrat Wolfgang Schimmang (SPD) von Januar bis Juli verschickt. Knapp die Hälfte davon ging an Eltern von GrundschülerInnen, die übrigen verteilen sich auf Gesamt-, Haupt- und Sonderschulen. Realschüler oder Gymnasiasten fanden sich nicht unter den Schulschwänzern.

Nicht alle Strafen gingen an illegale Ferienverlängerer. Auch wer mitten im Schuljahr dem Unterricht fernbleibt, kann belangt werden. Erst vor eineinhalb Jahren hat die Bildungsverwaltung das Verfahren zur Ahndung von Schulversäumnissen vereinheitlicht. Fehlt ein Kind unentschuldigt länger als drei Tage, muss die Schule Kontakt zu den Eltern aufnehmen. Spätestens nach zehntägiger Fehlzeit wird das Schulversäumnis dem zuständigen Bezirksamt zur Anzeige gebracht. Das kann nach zweiwöchigem Fernbleiben des Kindes vom Unterricht ein Bußgeldverfahren gegen die Eltern einleiten. Hilft alles nichts, kann das schwänzende Schulkind auch von der Polizei abgeholt und zur Schule gebracht werden.

Nur vier solcher sogenannter Zuführungen hat es in Neukölln in diesem Jahr bereits gegeben, betont Stadtrat Schimmang. Im Vorjahr seien es erheblich mehr gewesen. Den Rückgang führt er auf die konsequente Verfolgung von Schulversäumnissen durch den Bezirk zurück. Doch nicht in allen Bezirken greift man zu solch drastischen Mitteln, um Schulschwänzern Einhalt zu gebieten. An seiner Schule sei die Zahl von Anträgen auf "Ferienverlängerung" in den letzten Jahren von über 100 auf heute zwei gesunken, berichtet Mario Dobe, Leiter der Hunsrück-Grundschule in Kreuzberg. Bußgelder seien dafür nicht nötig gewesen, man habe "auf die Vernunft der Eltern gesetzt".

Man solle "die Kirche im Dorf lassen", meint auch die Grüne Monika Herrmann, Schulstadträtin in Friedrichshain-Kreuzberg. In der Regel handele es sich bei den ungenehmigten Ferienverlängerungen um Fehlzeiten von höchstens ein bis drei Tagen. "Wir sind nicht glücklich darüber", so Herrmann. Aber es sei schließlich auch nicht schön, dass sich die Tourismusindustrie ausgerechnet an denen bereichere, die Kinder haben.

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