Bordell in Schöneberg: Massenprostitution unerwünscht

Der Schöneberger Bezirksbürgermeister will das Großbordell auf der Potsdamer Straße verhindern. Bei einer Kiezversammlung klagten AnwohnerInnen bereits jetzt über Lärm und aggressive Anmache durch Prostituierte.

Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg wird keine Genehmigung für ein Großbordell an der Potsdamer Straße Ecke Kurfürstenstraße erteilen. Das kündigte Bezirksbürgermeister Ekkehard Band (SPD) am Donnerstagabend auf einer Bürgerveranstaltung an. Der Antrag, in dem sechsstöckigen Sex-Kaufhaus Love Sex and Dreams (LSD) ein 40- Zimmer-Bordell einzurichten, ist damit aber noch nicht vom Tisch. "Wir gehen davon aus, dass der Betreiber den Rechtsweg beschreiten wird", sagte Baustadtrat Bernd Krömer (CDU). Die Potsdamer Straße gilt baurechtlich als Kerngebiet, in dem - anders als in Wohngebieten - Bordelle grundsätzlich möglich sind. Krömer will die Ablehnung damit begründen, ein Bordell sei für den Kiez eine "unerträgliche Belastung" und führe zu "sozialen Verwerfungen".

Den Bezirkspolitikern wurde bei der Versammlung ein Paket mit bisher 2.400 gesammelten Unterschriften übergeben. Zu dem Termin erschienen mehr als 200 Anwohner, Gewerbetreibende, Eltern, Erzieherinnen und Sozialarbeiter. Anschaulich beschrieben sie, wie sich die Situation in dem Viertel zwischen Froben-,Kurfürsten-, Bülow- und Potsdamer Straße im letzten Jahr zugespitzt hat.

Prostitution hatte es im Kiez immer gegeben, doch seit dem EU- Beitritt Rumäniens und Bulgariens bieten verstärkt Osteuropäerinnen ihre Liebesdienste an. Besonders häufig stehen sie vor dem Sexkaufhaus LSD - es scheint sich herumgesprochen zu haben, dass die mit Kleenex-Rollen bestückten Video-Kabinen für Quickies genutzt werden können.

Das aggressive Auftreten der Prostituierten und ihrer Zuhälter wird im Kiez mit großer Sorge beobachtet. Erzieherinnen berichteten, dass sie sich mit den Kindern kaum noch nach draußen trauten, weil die Huren so viel nacktes Fleisch zeigten. Manchmal werde zwischen den parkenden Autos sogar kopuliert. Anwohner schilderten, wie Passanten und Einkäufer massiv angebaggert würden. Mieter berichteten, dass das Geschrei auf der Straße nachts so laut sei, dass sie kein Auge mehr zutäten. Bis zu 500 Autos habe er nachts in seiner Wohnstraße gezählt, berichtete ein Mann auf der Versammlung.

Eine alteingesessene Hure beklagte gegenüber der taz, die Osteuropäerinnen verdärben die Preise, da sie ohne Kondom zu Dumpinglöhnen arbeiteten.

Andreas Fuhr, Pfarrer der 12 Apostel- Gemeinde, bringt die Stimmung auf den Punkt: "Das Gleichgewicht im Kiez droht zu kippen." Ein Großbordell, so befürchtet er, werde die Lage weiter verschlimmern. Abwanderungen von Geschäften und Wegzüge von Familien aus Kiez könnten folgen. Schon jetzt seien in der Kita in der Kurmärkischen Straße 60 von 120 Plätzen nicht belegt, wie eine Sozialarbeiterin berichtete.

Bürgermeister Band versprach am Donnerstag, eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe einzuberufen, an der auch die Polizei und Hurenorganisationen teilnehmen sollen. "Ich kann aber nicht versprechen, dass dies zu durchschlagenden Erkenntnissen führt", sagte Band. Stefanie Klee vom Verband sexuelle Dienstleistungen forderte, dass auch Senatsvertreter mit an den Tisch müssten. Prostitution gehe alle an, sagte Klee. Wer kleine Bordelle in den Wohngebieten schließe, brauche sich nicht zu wundern, wenn sich das Gewerbe auf Gebiete wie die Potsdamer Straße konzentriere und dort als sozial unverträglich empfunden werde.

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