Kommentar: Ziellose Debatten unter Clan-Führern

Die Delegierten auf der Friedenskonferenz in Somalia wissen nicht so richtig, worüber sie eigentlich diskutieren sollen. An eine Versöhnung glaubt keiner von ihnen. Die EU hätte ihre Gelder besser woanders hinfliessen lassen sollen.

Vielleicht weiß der zuständige EU-Kommissar Louis Michel bis heute nicht, was er mit der Forderung nach einer "Nationalen Versöhnungskonferenz" in Somalia angerichtet hat. Zwar hat er sie als Voraussetzung für die EU-Entwicklungshilfe erklärt, gekommen ist er aber nicht zur ersten Debatte des Gremiums. 1.300 Clan-Führer sollen in geschätzten 75 Tagen die Probleme aus 16 Jahren Regierungslosigkeit am Horn von Afrika lösen - allen voran die Angriffe von Islamisten und ihren Sympathisanten, die seit der Machtübernahme der aktuellen Übergangsregierung mit Hilfe der äthiopischen Armee in Mogadischu an der Tagesordnung sind.

Die Delegierten, die sich gestern nach ein paar Stunden vertagten, wissen nicht, was sie diskutieren sollen. Die Regierung will vor allem da- für sorgen, an der Macht zu bleiben. Echte Zugeständnisse an die Opposition schließt sie aus, die fragt sich deshalb, warum sie eigentlich teilnehmen soll. Die Islamisten sind sowieso nicht da. Worüber also sollen die Delegierten in den kommenden Wochen sprechen? Warum soll ein zweistelliger Millionen-Euro-Betrag in die Organisation eines Gipfels fließen, an dessen Ziel - Versöhnung - keiner der Teilnehmer glaubt? Selbst die Diplomaten im sicheren Nairobi, die die Gelder ihrer Regierungen an das UN-Entwicklungsprogramm weiterleiten, haben ihre Hoffnung auf die Loja Dschirga à la Somalia längst verloren.

Dabei wird Geld in Somalia dringend gebraucht. Noch immer leben zehntausende Flüchtlinge außerhalb Mogadischus in Notunterkünften, weil sie Angst vor den täglichen Angriffen haben. Die Bewohner Mogadischus brauchen Lebensmittel, Medikamente, Häuser, eigentlich alles. Ginge es ihnen besser, wäre der Rückhalt in Teilen der Bevölkerung für die islamistischen Angriffe schnell dahin.

Die Europäische Union, die sich früh auf die Unterstützung der Übergangsregierung festgelegt hat, muss deshalb schnell umsteuern: Geld für Entwicklungshilfe, nicht für ziellose Debatten. Damit wäre allen Beteiligten besser geholfen.

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