Koch-Regierung: Diskriminierungs-Vorwurf in Hessen

Vor dem Verfassungsgericht bezichtigt eine Anwältin die Regierung, sie habe ein Gesetz nur gegen Islam und Frauen gemacht.

Stimmen die Vorwürfe, dann geht es in seinem Bundesland nicht gerade gerecht zu. Bild: dpa

WIESBADEN taz Sie möchten nicht, dass ihr Kind von einer Lehrerin unterrichtet wird, die mutmaßlich einer fundamentalistischen Strömung des Islams anhängt? Auch einer ihre religiöse Grundüberzeugung etwa mit einer Burka zur Schau stellenden Standesbeamtin wollen sie in ihrem Rathaus nicht begegnen? Und auf einer Richterbank soll keine vielleicht insgeheim die Einführung der Scharia befürwortende "Kopftuchtante" sitzen dürfen?

Dann ist Hessen ihr Gelobtes Land. Denn in Roland Kochs Heimat gibt es das Gesetz zur Sicherung der staatlichen Neutralität, das die CDU vor knapp drei Jahren mit ihrer absoluten Landtagsmehrheit verabschiedete. Anderswo in Deutschland wird nach Maßgabe auch des Bundesverfassungsgerichts nur Lehrerinnen ausdrücklich das Kopftuchtragen im Unterricht untersagt. Dagegen ist es Hessen Beamtinnen und Beamten verboten, "religiöse Symbole groß zur Schau zu stellen und damit das im Grundgesetz verankerte Neutralitätsgebot zu verletzten", wie Innenminister Volker Bouffier (CDU) am Mittwoch vor dem Staatsgerichtshof des Landes erläuterte.

Gegen das Gesetz läuft ein Normenkontrollverfahren, das die Landesanwältin Ute Sacksofsky eingeleitet hatte. In Hessen besteht beim Verfassungsgericht die Institution einer Landesanwältin, die von sich aus tätig werden kann. Sacksofsky moniert, dass gezielt nur gegen das Tragen von islamischen Symbolen vorgegangen werde. Andere Religionen seien nicht gemeint. Dazu werde der Islam auf seine "fundamentalistische Richtung" reduziert. Und betroffen seien nur Frauen: Gegen ihren Anspruch auf Gleichbehandlung und freien Zugang zu öffentlichen Ämtern werde verstoßen. Glaubensfreiheit und Freiheit der Berufswahl seien aber "zentrale Grundrechte". Im Prinzip gehe es nur gegen das Kopftuch.

Um das Kopftuch gehe es überhaupt nicht, konterte Minister Bouffier. Das gehöre zum Bereich "Lebensverwirklichung". Im Dienst aber müsse dieser Bereich außen vor bleiben. Beamte hätten das Neutralitätsgebot zu respektieren. Gegen kleinen Schmuck religiöser Art sei nichts einzuwenden. Alles andere störe Schul- und Behördenfrieden. Aus dem Bekenntnis zur christlich-abendländischen Kultur im Gesetz könne nicht geschlossen werden, dass christliche Symbole bevorzugt würden. Es gehe um Respekt vor dem christlich-abendländischen Wertesystem. Im Herbst soll ein Urteil fallen.

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