Kosovo: Explosion erschüttert Prishtina

Ein Anschlag auf ein Einkaufszentrum fordert zwei Tote und zehn Verletzte. Da die Verhandlungen über die Region stagnieren, blühen Spekulationen über politische Hintergründe.

Im Zentrum Prishtinas am Montagmorgen nach dem Anschlag. Bild: dpa

Um halb drei Uhr am Montagmorgen hat eine gewaltige Explosion die Menschen der Hauptstadt des Kosovo aus dem Schlaf gerissen. In einem nahe dem Stadtzentrum gelegenen Einkaufszentrum in Prishtina starben zwei junge Männer, zehn weitere Personen wurden zum Teil schwer verletzt. Ein weiterer Mann rang gestern mit dem Tode. Durch die Detonation stürzten Teile des Gebäudes ein.

Der Hintergrund der Tat war zunächst unklar. Sofort auftauchende Vermutungen, die Explosion hätte mit den Statusverhandlungen des Kosovo zu tun, wurden von der Polizei zurückgewiesen. "Die Polizei schließt nichts aus, aber es ist wahrscheinlicher, dass der Vorfall mit dem kriminellen Milieu zu tun hat", sagte Polizeisprecher Veton Elshani. Die Explosion sei durch einen Sprengsatz verursacht worden.

In dem Gebäude befindet sich auch das Büro des zwielichtigen und schillernden Geschäftsmannes Enver Sekariqa, von dem gesagt wird, er sei einer der Herrscher der Unterwelt in Prishtina. Sekariqa, der verdächtigt wird, früher Spitzel der serbischen Geheimpolizei gewesen zu sein, wird zudem mit dem Mord an einem beliebten Polizisten in Verbindung gebracht. Das Mitglied einer Spezialeinheit zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, Trimf Risa, starb am 30. August. Viele Menschen demonstrierten bei seiner Beerdigung am 4. September gegen die organisierte Kriminalität. Sekariqa ist seit diesem Zeitpunkt untergetaucht.

Die Ermittlungen stehen erst am Anfang. "Es ist schon interessant, wie von manchen Medien sofort ein politischer Zusammenhang konstruiert wurde", erklärte ein hoher Mitarbeiter der UN-Mission im Kosovo. Das sei ein Hinweis für die nach wie vor gespannte politische Lage, in der jedes Ereignis der Funken für eine politische Explosion sein könnte. Die Verhandlungen träten auf der Stelle, auch die aus USA, der EU und Russland bestehende Troika hätten kaum Bewegung in die Statusverhandlungen zwischen der Kosovoregierung und Serbien gebracht.

Serbien, das das Kosovo für einen unverzichtbaren Teil seines eigenen Staatsgebietes betrachtet und der albanischen Bevölkerungsmehrheit von 90 Prozent lediglich einen Autonomiestatus gewähren will, droht dem Westen mit einer Hinwendung zu Russland, sollten die EU und die USA sich für eine Unabhängigkeit des Kosovo entscheiden. So erklärte der serbische Ministerpräsident Vojislav Koðtunica, Serbien wolle nicht mehr der Nato beitreten, einer Militärorganisation, die sich Serbien gegenüber feindlich verhalte.

"Die jetzigen Verhandlungen sind nur Zeitverschwendung," bestätigte das Mitglied der kosovo-albanischen Verhandlungsdelegation, Enver Hoxhaj. "Am Ende wird man doch zum Ahtisaari-Plan zurückkehren." Der finnische Diplomat Maarti Ahtisaari hatte im März einen Plan im Auftrag der UN vorgelegt, nachdem das Kosovo eine begrenzte, von der EU überwachte Unabhängigkeit erhalten sollte.

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