Wachschutz kommt

21 Neuköllner Schulen wollen Security auf Schulhöfen. Polizeistudie: Kontrollen verhindern selten Gewalt

Heute gibt entscheidet der Bezirk Neukölln, wie viele staatliche Schulen nach den Herbstferien private Wachdienste über ihren Schulhof patrouillieren lassen. Mit der ungewöhnlichen Maßnahme will Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) die Sicherheit von Schülern und Lehrern gewährleisten. Bis gestern Nachmittag hatten 21 der 70 staatlichen Schulen im Bezirk Interesse bekundet.

Im Juni hatte Buschkowsky verkündet, ab Mitte Oktober Wachdienste für die Sicherheit sorgen zu lassen. Zuvor war in den Medien mehrfach über Erpressungen mit Schusswaffen, Schlägereien und das sogenannte Abziehen von Handys und Markenklamotten berichtet worden. Die Kosten von bis zu einer Million Euro für die Sicherheitsfirmen übernehme komplett der Bezirk, sagte Buschkowsky der taz. „Schule ist eine staatliche Veranstaltung, also müssen auch staatliche Träger die Sicherheit gewährleisten.“ Dies war bislang umstritten; die Senatsverwaltung für Bildung hatte keine finanzielle Unterstützung in Aussicht gestellt.

Ob Security-Dienste in Anspruch genommen werden, entscheidet die jeweilige Schulkonferenz, die aus Lehrern, Schülern und Eltern gebildet wird. Einstimmig hat etwa das Albert-Schweitzer-Gymnasium in Nordneukölln dafür votiert, in Zukunft den Schulhof bewachen zu lassen. Am Buckower Leonardo-da-Vinci-Gymnasium und an der Anna-Siemsen-Hauptschule in Britz haben sich Lehrer, Schüler und Eltern hingegen dagegen entschieden. Die Begründungen für die Entscheidungen wollten die Schulen nicht mitteilen. Offenbar gibt es noch weiteren Bedarf: Von der Nordneuköllner Carl-Legien-Berufsschule heißt es, dass sie das Angebot des Bezirks gern nutzen würde. Berufsschulen sind allerdings der Senatsverwaltung und nicht den Bezirken zugeordnet.

Die Vermutung, dass vor allem Haupt- und Realschulen stärker von Gewalt betroffen seien und daher auch eher die Wachdienste anforderten, scheint sich nicht zu bewahrheiten. An der Kurt-Löwenstein-Hauptschule, ebenfalls im Norden des Bezirks, hat sich das Kollegium zum Beispiel gegen eine Schulhofpatrouille entschieden. Man wolle keine fremden Leute auf dem Schulhof und vertraue den eigenen pädagogischen Konzepten, heißt es dazu.

Kritik kommt unterdessen von der Polizei. „Das Bezirksamt hat die Polizeidirektion 5 bisher nicht darüber informiert, an welchen Schulen Wachschutz eingesetzt werden soll, zu welchen Zeiten und wie er durchgeführt werden soll und wie man sich die Zusammenarbeit mit der Polizei vorstellt“, bemängelt Sprecherin Kerstin Ziesmer.

Die Polizei bezweifelt, ob die Wachdienste tatsächlich die Gewalt entscheidend zurückdrängen können: „Eine Analyse von 256 Gewaltvorfällen an Neuköllner Schulen hat ergeben, dass die Taten nur in einem Fünftel der Fälle durch Zugangs- und Ausweiskontrollen hätten vermieden werden können“, erklärt Ziesmer. Schon seit Ende Juli sei diese Analyse dem Bezirk zur Verfügung gestellt worden.

Erhard Laube, Vorsitzender des Verbands der Berliner Schulleiter, sieht noch Verbesserungsmöglichkeiten hinsichtlich der Zusammenarbeit der Schulen mit den zuständigen Polizeiabschnitten. „Ich lehne Wachschutz nicht mehr generell ab. Die Zusammenarbeit mit der Polizei ist leider nur punktuell erfolgreich.“ Die Polizei fühle sich manchmal nicht zuständig, vor allem nach Schulschluss. Aber gerade dann seien Schulhöfe eine Bühne für Sachbeschädigung, körperliche Übergriffe oder „Saufgelage von Jugendlichen“. Er plädiert dafür, die Kooperationen mit der Polizei auszuweiten und Unterrichtsbesuche, Schülerlotsen oder juristische Konsequenzen einer Straftat stärker mit den Schülern zu thematisieren. JON MENDRALA