TROTZ TERMIN FÜR TRUPPENREDUZIERUNG: BUSH BLEIBT BEI SEINER LINIE
: Das neue Mantra

Vor lauter Nebelkerzen wird es immer schwieriger, den Durchblick zu bewahren. In diesen Tagen soll sich ja eigentlich entscheiden, wie es weitergeht mit der US-Militärpräsenz im Irak. US-Präsident Bush und seine Getreuen meinen: wie bisher. Deshalb werden sie nicht müde, die Fortschritte in der Provinz Anbar zu betonen, wo es den US-Truppen gelungen sein soll, ehemals aufständische Sunniten zum gemeinsamen – und erfolgreichen – Kampf gegen al-Qaida zu mobilisieren.

„Anbar“, das ist das Mantra, mit dem die Bush-Regierung beschwören will, dass die Strategie der Truppenverstärkung im Irak militärisch wie politisch aufgeht. Nicht umsonst landete Bush bei seinem Irakbesuch kürzlich genau dort. Und nicht umsonst landete er gerade nicht in Bagdad, denn die irakische Hauptstadt ist nach wie vor das Symbol für das Scheitern der USA. Es kommt eben darauf an, worüber man redet.

Doch auch oder gerade wenn die US-Oberkommandierenden im Irak jetzt von der Möglichkeit einer Truppenreduzierung sprechen – Bush ist auf dem besten Wege, diese zu umgehen. Geradezu plump auf den 11. September gesetzt wurde der Termin, an dem General Petraeus seinen Irak-Fortschrittsbericht übergeben wird. Es wäre ein Wunder, wenn darin nicht von ersten, viel versprechenden Erfolgen berichtet würde, die eine Fortsetzung des Krieges unbedingt erforderlich machen. Auf vier zentrale Botschaften wird sich die kriegsmüde US-amerikanische Öffentlichkeit gefasst machen müssen: 1. „Wir“ haben Erfolg und kämpfen mit den Irakern zusammen gegen al-Qaida – gegen jene also, die am 11. September die USA angegriffen haben. 2. Wir können und dürfen jetzt nicht aufhören. 3. Wenn etwas nicht funktioniert, dann ist daran die irakische Regierung schuld.

Diese Argumentation ist so perfide wie einfach. Die Demokraten in den USA, uneins, wie sie sind, werden vor diesem Hintergrund auch in Zukunft nicht in der Lage sein, den Konflikt mit Bush über weitere Finanzmittel für den Krieg durchzustehen. Zumindest in Washington bleibt Bush damit weiter auf der Siegerspur. BERND PICKERT