Ein Rest Sommerfrische

Heute ist der 1. September. Noch 121 Tage bis zum Jahresende. Aus meteorologischer Sicht beginnt auf der nördlichen Erdhalbkugel heute der Herbst. Etwas Sonne haben die taz-Korrespondenten aber doch gefunden

AUS SPLIT ERICH RATHFELDER

Die Fahrt über die beiden Brücken in der mittelalterlichen Stadt Trogir verläuft ohne Stau. Mile lacht: „Noch vor zwei Wochen brauchte ich fünfzig Minuten, um vom Festland auf die Insel Čiovo durchzukommen. Jetzt ist alles normal. Die Saison ist vorbei. Wir haben die Insel wieder für uns“, stellt der einen Transporter für Baumaterial fahrende Maurer erleichtert fest. Noch gibt es Touristen, die die Riva entlangflanieren, doch an den vor kurzem noch voll besetzten Tischen der Restaurants verlieren sich jetzt nur noch wenige Gäste. Die Strände sind fast verwaist. Trotz der Hitze von sommerlichen 35 Grad liegt Herbst in der Luft. Die klare Sicht auf das Küstengebirge und der erfrischende Wind, der Schaumkronen auf die Adria zaubert, sind Anzeichen dafür.

In den Gärten und auf den Feldern wird schon der Boden umgegraben. Jetzt ist es an der Zeit, Salat, Mangold, Kohl und Kartoffeln zu setzen, um im Oktober und November das zweite Mal ernten zu können. Die Zitronen und Mandarinen in den Gärten sind zwar noch grün, doch haben sie schon eine beträchtliche Größe erreicht.

Und in den engen Gassen des Dorfs gibt es wieder Parkplätze. Im Sommer verstellten die Caravans der Touristen den Einheimischen den Weg. Jetzt kommt sogar der Bäcker mit seinem Lieferwagen durch. Noch wird er abends die beliebten salzigen Brotstangen anbieten. „Ab 15. September aber gibt’s nur noch morgens Brot.“

Sommerhit 2007 in Kroatien: Zinedin Zidan: „Pantaghana“

AUS STOCKHOLM REINHARD WOLFF

Der 1. September jeden Jahres ist in Schweden der Startschuss für eine Welle der Erwartung. Ein wirklicher Höhepunkt im Jahreslauf, jedenfalls in den ländlichen Gegenden. Im nördlichsten Lappland rollt an diesem Tag die Welle an, und sieben Wochen später sowie tausendfünfhundert Kilometer weiter südlich in Schonen rollt sie aus. Überall dort, wo sie gerade angekommen ist, macht Schweden eine Woche lang Urlaub. Und viele Großstädter haben es plötzlich ganz eilig, wieder einmal „nach Hause“ zu fahren.

Zur Elchjagd. Ein Fest für die ganze Gegend. Nicht nur für die rund 190.000 Jäger und 10.000 Jägerinnen, die zu den Glücklichen gehören, denen eine Quote für die jährlich zum Abschuss freigegebenen 100.000 Elche zugeteilt worden ist. Das ist eine der wenigen noch verbliebenen Gelegenheiten, bei denen sich alle Generationen treffen. Lange vor Morgengrauen versammeln sich die Jagdgesellschaften am Waldrand und die Treiber mit den Hunden, um die Elche aufzuschrecken. Die werden dann den Schützen zugetrieben, die mit der Flinte auf den Hochsitzen warten.

Einen Elch zu treffen ist nicht schwer. Die Tiere sind groß und nicht besonders schnell. Der erlegte Elch wird an Ort und Stelle gemeinsam geschlachtet. Danach gibt es heißen Kaffee. Stärkere Getränke sind verpönt. Das Abendessen dann: „eigenes“ Fleisch mit Kartoffeln und Vogelbeergelee. Ein Festmahl.

Sommerhit 2007 in Schweden: Markoolio: „Ingen sommar utan reggae“ (Kein Sommer ohne Reggae)

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

1. September? Da geht die Schule wieder los oder auch nicht. Erleichtertes Aufatmen nach zwei Monaten Sommerlager, Schwimmbad und Fernsehen, Fernsehen, Fernsehen, gelangweilte Kids und die Wände hochgehende Eltern. Das Schlimmste aber ist, dass das Ende nicht sicher ist. Die mittleren und oberen Jahrgänge werden wie jedes Jahr bestreikt. Stellenkürzungen, schlechte Ausbildung, große Klassen und miserable Gehälter sind die Gründe für den Protest der Erzieher.

Dabei gibt es Mitte September schon wieder Ferien, wenn der Judenstaat das Neujahrsfest Rosch ha-Schana begeht. Der September ist der Monat, an dem sich die jüdischen Feiertage geradezu überschlagen: Zehn Tage nach dem Neujahrsfest steht der heilige Versöhnungstag Jom Kippur auf dem Kalender, und Anfang Oktober haben die Schüler anlässlich des Laubhüttenfestes schon wieder frei.

„Ende des Sommers ist es ganz bestimmt nicht“, sagt der pensionierte Psychologe Barrie Rockman aus Tel Aviv, wo allein wegen der hohen Luftfeuchtigkeit schon ein paar Schritte reichen, um komplett durchgeschwitzt zu sein. „Der erste September ist nur noch ein heißer Tag nach dem 31. August.“

Sommerhit 2007 in Israel: das neue Album von HaBanot Nechama (u. a. mit „No War“)

Heute ist der 1. September. Meteorologisch beginnt auf der südlichen Erdhalbkugel der Frühling

AUS PORTO ALEGRE GERHARD DILGER

Frühlingsgefühle wollen sich in Südbrasilien noch nicht so recht einstellen. Geschneit wie in Buenos Aires oder Santiago hat es zwar nicht, aber immer noch zieht der kälteste und feuchteste Winter seit Jahrzehnten durch sämtliche Fensterritzen. „Für uns heißt Klimawandel eben ein Wetter wie in London“, meint die Cafébesitzerin Mônica Meirelles resigniert. Passend dazu stammt der Winterhit „Você me faz continuar“ von der lokalen und zugleich sehr britischen Kultband Cachorro Grande.

Immerhin lässt die Mercosur-Biennale, die am heutigen Samstag beginnt, auf bessere Zeiten hoffen. Jeden zweiten Frühling nämlich verleiht diese aufwendige Kunstschau Porto Alegre das Flair der großen, weiten Welt. Friedlich flanieren die Menschenmassen zwischen den Ausstellungsorten im Zentrum und am Hafen hin und her.

Bis Mitte November stellen bei der Biennale 67 KünstlerInnen aus 23 Ländern aus. Das Motto lautet „Das dritte Ufer des Flusses“. Was für Kurator Gabriel Pérez-Barreiro besagen soll: „Es gibt drei Typen von Menschen: die auf der einen Seite und die auf der anderen; der Künstler hingegen besetzt diesen dritten Ort, indem er die Wirklichkeit anders definiert.“ Nun denn.

Winterhit 2007 in Brasilien: Cachorro Grande: „Você me faz continuar“ (Deinetwegen mach ich weiter)