Armut: Lieber Kinderzuschlag als Hartz IV

Familienministerin will Kinderzuschlag vier Mal mehr Familien zukommen lassen als bisher. So soll die Zahl derer gesenkt werden, die Hartz IV beantragen, weil ihr Gehalt nicht für die Kinder reicht.

Soll mehr Geld haben. Bild: dpa

BERLIN taz Geringverdiener, die ihr Erwerbseinkommen durch Arbeitslosengeld II aufstocken, werden derzeit von der Politik heiß umworben. Jetzt prescht die CDU-Familienministerin vor, damit wenig verdienende Eltern künftig leichter einen Zuschlag aus der Familienkasse bekommen.

Der sogenannte Kinderzuschlag für Familien mit sehr geringem Einkommen soll künftig viermal so vielen Kindern zugutekommen wie bisher. Der Empfängerkreis solle von jetzt 124.000 auf 530.000 Kinder erweitert werden, sagte ein Sprecher von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Freitag in Berlin.

Mit dieser Reform, deren Details derzeit noch zwischen den Ressorts für Familie und Arbeit abgestimmt werden, will die Bundesregierung die Zahl jener Kinder senken, deren Familien Arbeitslosengeld II und Sozialgeld bekommen.

Den Kinderzuschlag gibt es zwar schon seit 2005, aber die allermeisten Anträge auf diese Leistung wurden bislang abgelehnt, weil die Voraussetzungen sehr eng gefasst sind. Der Kinderzuschlag in Höhe von maximal 140 Euro pro Kind und Monat wird an Eltern gezahlt, die zwar ihren eigenen Unterhalt bestreiten können, aber nicht den ihrer Kinder. Zugrunde gelegt werden dabei die Bedarfsrechnungen für Hartz-IV-Empfänger.

Laut einer Beispielrechnung aus dem Merkblatt der Familienkasse bekommt ein Ehepaar mit zwei Kindern den Kinderzuschlag nur dann, wenn das Erwerbseinkommen der Eltern über 1.051 Euro liegt, aber auch nicht höher ist als 1.331 Euro netto im Monat. Ist das Arbeitseinkommen geringer, haben die Eltern Anspruch auf aufstockendes Arbeitslosengeld II.

Sehr viel höher als die Zahl der Kinderzuschlagsberechtigten ist daher der Anteil der Kinder, die von Sozialgeld leben. Das Sozialgeld wird dem Nachwuchs von Arbeitslosengeld-II-Empfängern gewährt. Dies betrifft auch geringverdienende Erwerbstätige, die ihr Jobeinkommen durch Arbeitslosengeld II aufstocken. Derzeit bekommen 2 Millionen Kinder Sozialgeld.

Die geplante Erweiterung des Berechtigtenkreises für den Kinderzuschlag würde nach Berechnungen des Bundesfamilienministeriums Gesamtkosten von 572 Millionen Euro im Jahr mit sich bringen. Strittig ist zwischen den beteiligten Ministerien, ob der reformierte Kinderzuschlag als familienpolitische Leistung fortgeführt oder ob er Teil des von Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) angestrebten "Erwerbstätigengeldes" werden soll. Dies soll nach der Vorstellung von Müntefering eine neue Sozialleistung werden, mit der ebenfalls geringe Einkommen ergänzt werden. Die Pläne sollen nach den Worten von Vize-Regierungssprecher Thomas Steg bei der Kabinettsklausur in Meseberg in der kommenden Woche diskutiert werden. BARBARA DRIBBUSCH

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