Hip Hop: Rap von Vätern

Auch Hiphop von guten Menschen kann gut sein. Zeigen die neuen Alben der amerikanischen Rapper Pharoahe Monch und Common.

Vater und Rapper sein - Common zeigt, wie's geht Bild: universal

Es ist leider so: Die Musik der netten Rapper taugt meistens nichts. Hiphop inszeniert das endlose, Ich-zentrierte Ellbogendrama der modernen Welt. In dem versuchen junge Männer der Einsicht zu künstlerischem Raum zu verhelfen, dass den dynamischen Verhältnissen des Kapitalismus nur durch eine vehement eingeforderte Sichtbarkeit begegnet werden kann. Und das ist dann meist kein erbaulicher Anblick für die Verfechter der Idee, Kultur müsse nicht nur schön und wahr, sondern vor allem gut sein.

Es gibt Ausnahmen. Dass "Desire", das neue Album des New Yorker Rappers Pharoahe Monch, sich in seiner Soundästhetik so überaus deutlich an Public Enemy orientiert, erinnert daran, wie selten die sind. Denn auch an Public Enemy - die jahrelang dafür herhalten mussten, dass Hiphop auch Protestmusik sein kann - erinnert man sich in Anbetracht ihrer fragwürdigen politischen Positionen doch lieber nur als klangrevolutionäre Gruppe denn als an irgendetwas anderes Revolutionäres.

Pharoahe Monch ist ein interessanter Typ. Auf der einen Seite wurde er lange dem Independent Rap zugerechnet - jenem Teil der Hiphop-Szene, die sich den Vermarktungsmechanismen des Mainstream-Hiphops zu entziehen versucht. Auf der anderen Seite schrieb er aber für einige Stücke von P. Diddy die Lyrics. "Desire" ist sein zweites Album. Dass es auf Grund von Ärger mit diversen Plattenfirmen endlos verschoben werden musste, verleiht der Platte aber nun einiges an Dringlichkeit: "Slave to a label / but I still own my masters", rappt Monch im Titeltrack.

Ja, Pharoahe Monch arbeitet auch mit den üblichen Hiphop-Klischees - seien es die unvermeidlichen Verschwörungstheorien, die Drogen- und Gewaltgeschichten oder das Feiern der Kinder als Träger einer besseren Zukunft. Vielleicht rettet ihn dabei der Umstand, dass er nie so selbstgerecht ist wie die Indie-Rapper oder so zynisch wie die Cocain-Rap-Vertreter. Das eigentlich Erstaunliche an "Desire" ist aber ihr Sound: keine Spur von jenem Zwei-Finger-Melodien-Minimalismus, der den restlichen Hiphop gerade bestimmt. Hier prallen Gospelchöre auf Streicherwände, und E-Gitarrengegniedel wird auf breiteste Bläsersätze getürmt. Einen solchen Wall-of-Sound hat es im Hiphop lange nicht gegeben - massiv, aber dabei flirrend.

Ganz anders klingt dagegen "Finding Forever", das neue Album von Common, der sich zusammen mit seinem Produzenten Kanye West an der sparsamen Klangästhetik des im vergangenen Jahr verstorbenen Jay Dilla orientiert. Commons Karriere mag deutlich gerader verlaufen sein als die von Pharoahe Monch. Immer schon hat er sich recht souverän durch den middle ground zwischen Großerfolg und Unabhängigkeit bewegt. Und dabei mag er nicht so düster denken wie Monch und einiges an spiritueller Verblasenheit mitbringen, die Monch vollkommen fehlt: Aber in ihrer Idee, mit und nicht gegen den humanistischen Kern zu arbeiten, der Hiphop mit der Tradition der afroamerikanischen Community verbindet, sind sie sich sehr ähnlich.

Ohne sich ganz in jene einsamen Höhen aufschwingen zu können wie "Be" - Commons Vorgängeralbum aus dem Jahr 2005 -, ist aber auch "Finding Forever" eine ganz wunderbare Platte. Der Beweis, dass Rapper nicht nur gute Väter, sondern Väter auch gute Rapper sein können.

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