Zarah Leander-Oper: Kein Nazi-freies Schweden

Die Oper "Zarah - bewundert und angespuckt" löst in Schweden eine Kontroverse aus. Die Nazi-Sympathisantin werde zu unkritisch dargestellt, heißt es.

Eine naive Person, vom Bösen verführt? Zarah Leander. Bild: dpa

Zarah Leander ist die prominenteste schwedische Nazi-Sympathisantin. Dass die Uraufführung der Oper "Zarah" an der Stockholmer Folkoperan, die die Geschichte ihres Lebens erzählt, nun eine Kontroverse ausgelöst hat, dürfte zum einen daran liegen, dass der Regisseur und Librettist Claes Fellbom sie als gutherzige und naive Person porträtiert, die vom absoluten Bösen in Gestalt von Joseph Goebbels verführt wird. Die große Morgenzeitung Dagens Nyheter nennt es "eine kritische Ehrenrettung". Zum anderen hat es aber viel mit der Vergangenheitsbewältigung der schwedischen Gesellschaft zu tun. Als Goebbels-Freundin musste Zarah Leander jahrelang beinahe allein die Last des wachsenden kollektiven Scham tragen. Das ändert sich nun.

Seit ungefähr fünfzehn Jahren werden die Verstrickungen der schwedischen Gesellschaft mit Nazi-Deutschland verstärkt diskutiert. Es wurden lange Namenslisten von Nazianhängern veröffentlich. Auch der Export von Eisenerz nach Nazi-Deutschland, die Durchfahrt der deutschen Soldaten der Division Engelbrecht durch schwedisches Gebiet und die restriktive schwedische Asylpolitik bis 1942 wurden stark kritisiert. Nach der Massendeportation norwegischer Juden öffnete Schweden erst in diesem Jahr die Grenzen und bot der gesamten jüdischen Bevölkerung Dänemarks Asyl.

Parallel zu diesen Debatten wurde auch die Politik der Zwangssterilisationsprogamme an die Öffentlichkeit gebracht - sie waren von den rassebiologischen Vorstellungen der Nazis beeinflusst, liefen bis 1976 und führten zur Sterilisierung von 63.000 Frauen, meist gegen deren Willen. Noch im August veröffentlichte der Journalist Ola Larsmo Recherchen, die belegen, wie dem Anführer einer antisemitischer Studentenorganisation zu guten Positionen in der Wirtschaft und der konservativen Partei nach dem Zweiten Weltkrieg verholfen wurde.

Die Kritik an der Kriegs- und Neutralitätspolitik kommt dabei hauptsächlich von den Liberalen, die sich in diesem Fall mit der radikalen Linken zusammengeschlossen haben. Das aber hat mehr mit heutigen Umständen zu tun als mit der Vergangenheit. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem schwedischen Beitritt zur EU hat der Neutralitätsgedanke an einiger Bedeutung verloren. Ziel der liberalen Kritik ist es, Schweden in die Nato zu führen - da wir uns in unserer passiven Haltung von den Alliierten haben retten lassen, so das Argument, ist es nun Zeit, diese Schuld zurückzuzahlen. Die Linke zieht genau die entgegengesetzte Konsequenz: Damals habe man sich Deutschland unterworfen, heute seien es die USA. Dagegen helfe nur eine unabhängige Außenpolitik.

So oder so bröckelt die Idee von Nazi-freien Schweden. Zarah Leander als einzige Kollaborateurin - das wird es bald nur noch auf der Opernbühne geben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.