Kampf ums Image

Stephan Braun und Ute Vogt haben einen vorzüglichen Band herausgegeben, der die rechte Zeitung „Junge Freiheit“ auseinandernimmt

Ein Text über die Junge Freiheit (JF) kann schnell teuer werden. Die Zeitung fordert gerne Gegendarstellungen, wenn andere Medien etwas schreiben, was ihr nicht passt. Auch aus den Verfassungsschutzberichten hat sie sich erfolgreich herausprozessiert. Die JF wünscht sich ein Image, das so geschniegelt daherkommt wie die jungen Leute, die den Leser auf ihrer Website anschauen.

Also darf man die Zeitung nicht mehr rechtsradikal nennen, rechtsextremistisch schon gar nicht. Bleibt die Frage, was sie heute tatsächlich ist: Nur noch irgendwie rechts? Gar nicht mehr so schlimm? Oder längst egal? Genau diesen Fragen geht ein Buch nach, das die baden-württembergische SPD-Politikerin Ute Vogt und ihr Landtagskollege Stephan Braun herausgegeben haben.

Die Stoßrichtung des Sammelbands ist keine Überraschung, weil die Herausgeber dafür bekannt sind, dass sie die Junge Freiheit alles andere als politisch korrekt finden. Braun hat als Landtagsabgeordneter sogar versucht, den Innenminister Baden-Württembergs zur Wiederaufnahme der Zeitung in den Verfassungsschutzbericht zu animieren. Vergeblich. Nun seien andere gefordert, „die Öffentlichkeit für die neurechten Verstrickungen ihrer Macher zu sensibilisieren“, schreibt Braun.

Wer sich mit aktuellen Argumenten gegen die Junge Freiheit munitionieren will, wird in dem Sammelband reichlich bedient. Man erfährt, warum die JF über Jahre in Verfassungsschutzberichten stand, warum sie daraus verschwand, warum einige Autoren des Blattes ein Indiz für dessen mangelhafte Abgrenzung vom rechtsextremen Spektrum sind oder welche Querverbindungen sich von dem Geschäft der JF mit einschlägigen Anzeigenkunden ablesen lassen.

Das Material dürfte genügen, um jene Politiker zu widerlegen, die nichts dabei finden, der Jungen Freiheit mit Interviews zu breiterer Aufmerksamkeit und womöglich auch Akzeptanz zu verhelfen. Angesichts einer von den Autoren auf maximal 12.000 verkaufte Exemplare geschätzten Auflage des Blattes – die JF selbst gibt 18.500 Exemplare an – muss man sich allerdings fragen: Wie viel Empörung ist diese Zeitung überhaupt noch wert? Wen interessiert noch, welche Diskurse die JF-Gemeinde gerade in ihrem Nischenorgan pflegt?

Eine Antwort darauf gibt der Beitrag von Margret Chatwin über die Internetkampagnen der JF und den Kampf um die Meinungshoheit im Onlinelexikon Wikipedia. Denn die entscheidenden Schlachten um Images und Begriffe werden längst im Internet geschlagen. Genau um diese „kulturelle Hegemonie“ geht es neurechten Strategen, da sie im Internet gut getarnt eine Zielgruppe erreichen können, die vermutlich niemals die Junge Freiheit kaufen würde.

Frappierend genau zeichnet Chatwin nach, wie neurechte Akteure bei Wikipedia systematisch versuchen, das Bild der Jungen Freiheit zu schönen und deren Gegenspieler in ein schlechtes Licht zu rücken. So seien Autoren aus dem rechtsextremen Spektrum aus der JF-Verlagsgeschichte bei Wikipedia verschwunden – andererseits seien dem SPD-Mann Braun bei Wikipedia nicht nur Studienaufenthalte in Israel und an der US-Ostküste, sondern auch angebliche „Vorwürfe“ über eine „nie eindeutig bewiesene“ Tätigkeit als Stasi-IM angedichtet worden.

Am Ende von Chatwins Analyse wünscht man sich dringend einen in die Zukunft gerichteten Nachfolgeband zur Frage: Welche Chancen bietet das Web 2.0 den Akteuren am rechten Rand? ASTRID GEISLER

Stephan Braun, Ute Vogt (Hg.): „Die Wochenzeitung ‚Junge Freiheit‘. Kritische Analysen zu Programmatik, Inhalten, Autoren und Kunden“. VS Verlag, Wiesbaden 2007, 358 Seiten, 39,90 Euro