Bremer sparen sich ein neues Kraftwerk

Gestiegene Baupreise stellen Wirtschaftlichkeit in Frage. Jetzt setzt der Versorger swb auf erneuerbare Energien

BREMEN taz ■ Der lokale Bremer Energieversorger swb hat gestern den geplanten Bau eines 900-Megawatt-Kohlekraftwerks gestoppt. „Durch die Preisentwicklung auf dem internationalen Anlagenbaumark“ sei diese Entscheidung „leider“ erzwungen worden, erklärte Vorstandschef Wilhelm Schoeber. Das mit 1 Milliarde Euro taxierte und heftig umstrittene Projekt wäre „um mehrere hundert Millionen“ teurer geworden und damit nicht mehr wirtschaftlich.

Auch für andere Kohlekraftwerksprojekte sieht Schoeber unter diesen Umständen wenig Chancen. Insgesamt sind rund 40 Standorte in Deutschland in der Diskussion. Vor allem die Preise für die „Power-Insel“ des Kraftwerks, die Turbine, seien stark angestiegen, erläuterte Schoeber.

Wenn die Bremer swb vor einem Jahr Verträge zu Festpreisen abgeschlossen hätte, dann würde auch angesichts der steigenden Strompreise jetzt ein gutes Geschäft winken, meinte er. Folglich besteht für andere Kohlekraftwerkspläne nur dann eine wirtschaftliche Basis, wenn sie wesentliche Komponenten schon zu Festpreisen gekauft haben.

In Bremen hatten die Pläne für das Kohlekraftwerk vor acht Wochen bei den rot-grünen Koalitionsverhandlungen eine wichtige Rolle gespielt – es war der schwierigste Verhandlungspunkt. Die Koalitionäre hatten sich auf ein Prüfverfahren geeinigt und das Thema damit bis Ende Oktober vertagt.

Insbesondere Reinhard Loske, der Umweltexperte der grünen Bundestagsfraktion, der als Fachsenator in den Bremer Senat gegangen war, dürfte froh sein, nicht als erste Amtshandlung ein Kohlekraftwerk genehmigen zu müssen. „Die Entscheidung der swb AG gegen ein Kohlekraftwerk sollte zugleich der Startschuss für neue Investitionen in erneuerbare Energien, Effizienztechnologien und Energieeinsparung sein“, ließ er aus seinem Urlaub verlauten. Da die Stadt Bremen zu Zeiten der großen Koalition ihre Anteile an der swb verkauft hat, hat die Kommune nur noch wenig direkten Einfluss auf die Unternehmenspolitik.

Rund 1.000 von 300.000 Stromkunden hatte die swb in den vergangenen Monaten durch die Kontroverse um das Kohlekraftwerk verloren, räumte swb-Chef Schoeber ein. Die Grünen hatten sogar im Wahlkampf zum Stromanbieterwechsel aufgerufen.

Nun setzt die swb auf alternative Strategien und die „Ertüchtigung“ der Altanlagen. So soll verlorenes Vertrauen zurückgewonnen werden. „Wir kämpfen um jeden Kunden“, erklärte Schoeber. Bisher beträgt der Anteil „erneuerbarer“ Energieträger in der Produktion der Bremer swb nur bei 1,5 Prozent. Durch die Verstromung von Industriemüll , die Verstromung von Biomasse und verstärktes Engagement im Bereich der Windeenergie will die swb dem EU-Ziel von 20 Prozent im Jahr 2020 näher kommen.

KLAUS WOLSCHNER