Komödien : Anleitung zur Paarbildung

Diane Keaton als Über-Glucke, Billy Bob Thornton als Kotzbrocken - im Kino laufen zwei neue Komödien über die Hürden der Eheanbahnung an.

Östrogen-Alarm: Diane Keaton und Mandy Moore in "Von Frau zu Frau". Bild: ap/Warner bros.

Gleich zwei der heutigen Kinostarts handeln von den Hürden der Eheanbahnung, aus jeweils unterschiedlicher Geschlechterperspektive. Männer und Frauen, so lautet die Botschaft in beiden Fällen, kommen ohne fremde Hilfe nicht zueinander, aber die Hilfestellung kann sich rasch als größtes Hindernis auf dem Weg zum Pärchenglück entpuppen.

In "Der Date Profi" ist Roger (Jon Heder) der prototypische Loser: Selbst seine Uniform als Parkplatzwächter bei der New Yorker Polizei erscheint ihm zwei Nummern zu groß. Kein Wunder, dass er sie bei der erstbesten Gelegenheit verliert und sich bis auf die Unterhosen bei seinen Kollegen blamiert. Auch seine Versuche, ein Date mit seiner Nachbarin Amanda (Jacinda Barrett) zu vereinbaren, enden im Fiasko. Rettung naht in Gestalt des Testosteron-Tarzans Dr. P (Billy Bob Thornton), der eine Art Fight Club für Hasenfüße eingerichtet hat. Unter seiner Anleitung sollen aus Memmen Matadore werden, echte Kerle, denen auf dem Weg zum Ziel keine Lüge zu schamlos ist. Die Lehrmethoden, mit denen er den schlappen Haufen Waschlappen in die Mangel nimmt, sind eine Kombination aus Demütigung und Militärcamp. Schneller als erwartet entwickelt Roger sich zum Klassenbesten, worauf der windige Lehrmeister Konkurrenz wittert. Als Dr. P beginnt, sich Amanda zu nähern, muss Roger vom Weichei zum Kampfhahn mutieren, um die Herausforderung anzunehmen.

"Der Date Profi" von Regisseur Todd Phillips predigt, was er selbst nicht einhält: sich was zuzutrauen. Eine Prise Brachialhumor, ein Quentchen Situationskomik, den einen oder anderen flauen Kalauer dazwischengestreut, ergibt keine Satire mit Biss, sondern eine unausgegorene Abfolge vergebener Chancen. Mal geht der Film nicht weit genug, dann geht er wieder zu weit und ist sich nicht zu blöde, rassistische und homophobe Zoten zu reißen. Dabei hätte der Plot, das lose Remake einer britischen Komödie von 1960, durchaus Gelegenheit gegeben, das parodistische Potential von Ratgeberliteratur und Selbsthilfegruppen auszuloten. Daran war Phillips offensichtlich nicht interessiert. Wenn Roger am Ende das Mädchen und Dr. P seine Abreibung bekommen haben, gibt es einfach einen Kotzbrocken mehr auf der Welt. Sogar einen mit Diplom.

Leider wird es auch nicht besser, wenn man, wie in "Von Frau zu Frau", ein Ensemble lauter wohlmeinender Figuren versammelt, bei denen nicht Böswilligkeit, sondern schierer Übereifer verhindert, dass die Single-Frau ihren Mr. Perfect findet. Ob sie den überhaupt braucht, wird nicht diskutiert. Jedenfalls nicht von Daphne (Diane Keaton), deren sehnlichster Wunsch es ist, endlich auch für ihre dritte Tochter Milly (Mandy Moore) die Hochzeitsglocken läuten zu hören. Weil Mutti das Glück ihrer Kinder schließlich über die Wahrung der eigenen Würde stellt, setzt sie, in Millys Namen und ohne deren Wissen, kurzerhand eine Anzeige bei einer Online-Partnervemittlung auf und trifft sich selbst mit den potentiellen Schwiegersöhnen.

Der Versuch einer romantic slapstick comedy von Michael Lehmann erinnert fatal an industriell hergestellte Fabrik-Kekse, die mit dem Slogan "Schmeckt noch wie bei Muttern" angepriesen werden: Naturidentische Aromastoffe sorgen für ein präformiertes Geschmackserlebnis. Vorhersehbar vor allem die Wahl Millys zwischen den zwei Kandidaten, die ihr plötzlich den Hof machen: Oder hätte irgend jemand auch nur einen Augenblick gedacht, dass Milly am Ende nicht mit dem sympathischen, warmherzigen, kinderliebenden Jazzmusiker Johnny (Gabriel Macht) die Ringe tauscht, sondern mit dem erfolgsverwöhnten, karrierebewussten und besseren Kreisen entstammenden Architekten Jason (Tom Everett Scott)? Der fällt bezeichnenderweise genau dann aus dem Rennen, als seine herrische Mutter auftaucht. Der Witwer Johnny hingegen lebt mit seinem vierjährigen Sohn und seinem Vater zusammen. Damit entscheidet Milly sich gewissermaßen für die patriarchale Variante des Familienzusammenhalts. Eine nervtötende Mutter hat sie selbst bereits. Diane Keaton gibt die Über-Glucke im permanent hysterischen Ausnahmezustand, als neurotischen Kontrollfreak, die verzweifelt versucht, das Leben ihrer Tochter zu dominieren, weil sie ihr eigenes in den Sand gesetzt hat. Damit würde sie sich nicht unbedingt als glaubwürdiger Ratgeber in Sachen Zukunftsplanung empfehlen, aber ihre Töchter scheinen längst kapituliert zu haben. Als Zuschauer allerdings wünscht man Keaton schon nach wenigen Minuten Rede- oder wenigstens Telefonverbot für den Rest ihrer Leinwandkarriere.

"Von Frau zu Frau" tritt unfreiwillig den Beweis an, dass das Fernsehen der geeignetere Ort ist, um Paarbildungsstrategien unter großstädtischen Bedingungen abzubilden. "Gilmore Girl" Lauren Graham spielt eine der drei Schwestern, und in der TV-Sitcom werden Generationenkonflikte, die Untiefen mütterlicher Fürsorge und die Probleme alleinerziehender Eltern unvergleichlich glaubwürdiger dargestellt als unter der Regie von Michael Lehmann, mal ganz abgesehen davon, dass sie um einiges unterhaltsamer verpackt werden. Es ist wohl das Gesetz der Serie: Der Vorgang boy meets girl, so unvergleichlich er den Subjekten erscheinen mag, ist stets eine Wiederholung von Klischees. Das Besondere daran herauszukitzeln, fällt dem aufs Episodische spezialisierten Fernsehen leicht. Dort hat man den spießigen Wertekosmos des "Alle müssen unter die Haube" auch längst hinter sich gelassen.

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